ARBEITSRECHT

Abfindung nach krankheitsbedingter Kündigung

Die Anforderungen an eine wirksame krankheitsbedingte Kündigung sind hoch. Deshalb bieten viele Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Abfindung an. Wir erklären Ihnen, wie Sie eine Abfindung nach krankheitsbedingter Kündigung erhalten und wie hoch der Betrag ausfällt.

Abfindung nach krankeitsbedingter Kündigung

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        1. Gibt es nach krankheitsbedingter Kündigung eine Abfindung?

Nach einer krankheitsbedingten Kündigung kann der Arbeitnehmer nicht automatisch mit einer Abfindung rechnen. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Abfindung zu zahlen – dies ist reine Verhandlungssache. Die Zahlung einer Abfindung hat jedoch für den Arbeitgeber einige Vorteile, da der Arbeitnehmer im Gegenzug die Kündigung akzeptiert und auf einen Rechtsstreit verzichtet.

Der Arbeitgeber umgeht damit das Prozessrisiko und einige (finanzielle) Nachbeben: Verliert er nämlich den Prozess, muss er den Arbeitnehmer wieder einstellen und ihn für die Dauer des Gerichtsverfahrens nachbezahlen (obwohl der Arbeitnehmer seit Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr gearbeitet hat). Oft können Sie sogar Lohnfortzahlung schon im Kündigungsverfahren verlangen. 

Ob der Arbeitgeber eine Abfindung anbietet, hängt von den konkreten Umständen ab. Zweifelt der Arbeitgeber selbst an der Wirksamkeit der krankheitsbedingten Kündigung oder kündigt der Arbeitnehmer direkt an, um jeden Preis im Unternehmen bleiben zu wollen, schafft eine Abfindung die gewünschte Rechtssicherheit.

Die krankheitsbedingte Kündigung ist an besonders hohe Voraussetzungen geknüpft, die nebeneinander erfüllt sein müssen. Diese strengen Anforderungen erhöhen die Chance auf eine attraktive Abfindung. Denn wenn auch nur eine der Voraussetzungen womöglich nicht erfüllt ist, geht der Arbeitgeber mit der Kündigung ein hohes Risiko ein. Er wird dann eher zu einer Abfindung bereit sein.

Dies sind die wichtigsten Voraussetzungen der krankheitsbedingten Kündigung:

  • Die Umstände müssen darauf hindeuten, dass der Arbeitnehmer in Zukunft immer wieder oder für längere Zeit arbeitsunfähig sein wird (sog. “negative Gesundheitsprognose”). Davon ist – auch bei langen Fehlzeiten in der Vergangenheit – nicht auszugehen, wenn ein Arzt attestiert, dass der Arbeitnehmer in Zukunft nicht mehr so häufig erkranken wird (weil z.B. sein Grundleiden geheilt ist).
  • Eine krankheitsbedingte Kündigung ist immer das letzte Mittel. Ist es möglich, die Tätigkeit des Arbeitnehmers an die Erkrankung anzupassen, müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam nach Lösungen suchen, wie der Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden kann (Beispiel: Reduzierung der Arbeitszeit, wenn die Erkrankung stressbedingt ist).
  • Schließlich müssen die Interessen des Arbeitgebers an einer krankheitsbedingten Kündigung die Interessen des Arbeitnehmers an einer Weiterbeschäftigung überwiegen. Hierbei sind z.B. die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die besonderen Umstände der Erkrankung sowie Unterhaltspflichten zu berücksichtigen. Auf diese Weise ist ein langjährig beschäftigter 50-jähriger Familienvater mit drei unterhaltspflichtigen Kindern deutlich besser vor Kündigungen geschützt als eine 29-jährige Mitarbeiterin ohne Familie, die erst seit einem Jahr für das Unternehmen arbeitet. 
  • Gehört der Arbeitnehmer einer Personengruppe mit besonderem Kündigungsschutz an, ist eine ordentliche krankheitsbedingte Kündigung entweder gar nicht oder nur mit behördlicher Zustimmung möglich. Besonders geschützt sind Schwerbehinderte, Auszubildende, Arbeitnehmer in Elternzeit oder Mutterschutz und Betriebsratsmitglieder.
Fehlt es an einer der Voraussetzungen oder bestehen Unklarheiten oder Zweifel, verhandelt der Arbeitnehmer aus einer sehr starken Verhandlungsposition heraus.

        2. Wie genau erhalte ich eine Abfindung nach krankheitsbedingter Kündigung?

Der typische Weg zur Abfindung sieht so aus:
  1. Sie erheben innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung Klage vor dem Arbeitsgericht. Dies überlassen Sie einem Fachanwalt für Arbeitsrecht.
  2. Der Ablauf der Kündigungsschutzklage ist meist gleich. Das Arbeitsgericht wird innerhalb der nächsten Wochen einen sog. Gütetermin ansetzen. Diesen nimmt ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht für Sie wahr. Sie können hinzukommen. In dem Termin bietet der Arbeitgeber ggf. schon eine Abfindung an, wenn Sie im Gegenzug Ihre Klage fallen lassen. Entspricht das Angebot Ihren Vorstellungen und nehmen Sie es an, endet der Prozess und Sie geben Ihre Stelle auf.
  3. Wenn Sie hingegen auf Ihre Stelle zurückkehren möchten oder das Abfindungsangebot zu gering war, setzt das Gericht einen Kammertermin an. Bis dahin vergehen meist einige Monate. Im Kammertermin erörtern die Parteien und das Gericht die Sachlage der Kündigung, streiten über die Rechtslage und erheben ggf. Beweis. Auch in diesem Stadium können Sie sich mit dem Arbeitgeber noch auf eine Abfindung einigen. Je nach Auffassung des Gerichts kann der Betrag höher ausfallen als im Gütetermin. Wenn keine Einigung zustande kommt, entscheidet das Gericht, ob Sie auf Ihre Stelle zurückkehren dürfen oder (dann grundsätzlich ohne Abfindung) aus dem Unternehmen ausscheiden.
Ebenso ist denkbar, dass Sie sich außergerichtlich auf eine Abfindung einigen: Nach Ausspruch der Kündigung können Sie mit dem Arbeitgeber einen Abwicklungsvertrag abschließen. Darin verzichten Sie auf eine Kündigungsschutzklage und nehmen so Ihre krankheitsbedingte Kündigung hin. Im Gegenzug zahlt der Arbeitgeber Ihnen eine Abfindung. Allerdings hat diese Variante Nachteile beim Arbeitslosengeld, s.u.

        3. Welche Höhe hat die Abfindung nach krankheitsbedingter Kündigung?

Da es keinen gesetzlichen Abfindungsanspruch gibt, ist die Abfindungshöhe auch nicht festgelegt. Die Parteien können sich jedoch bei den Verhandlungen an folgender Faustformel orientieren: Pro Beschäftigungsjahr werden 0,5 Bruttomonatsgehälter veranschlagt.

Beispiel: Ihre Abfindung würde nach 20 Jahren Betriebszugehörigkeit und einem Bruttogehalt von 4.000 € demnach also 40.000 € betragen.

Allerdings dient diese Formel bloß als sehr grober Richtwert. In vielen Fällen sind weitaus höhere, gelegentlich aber auch niedrigere Beträge möglich.

Je wackeliger die Kündigung ist, desto mehr kann der Arbeitnehmer heraushandeln. Bei einer krankheitsbedingten Kündigung hat der Arbeitnehmer gute Chancen auf eine attraktive Summe. Hier kann Ihnen ein Fachanwalt für Arbeitsrecht weiterhelfen, denn der Erfolg der Verhandlungen hängt in erster Linie davon ab, dass der Arbeitnehmer das Gericht und den Arbeitgeber von der Unwirksamkeit der Kündigung überzeugt.

        4. Hat die Abfindung Einfluss auf das Arbeitslosengeld?

Wenn Sie nach Erhalt der Kündigung wieder arbeitsfähig sind, haben Sie in aller Regel Anspruch auf Arbeitslosengeld von der Arbeitsagentur. Sie müssen nun aufpassen, dass Ihre Abfindung Ihr Arbeitslosengeld nicht kürzt und dessen Auszahlung hinauszögert. Die Rede ist von der Sperrzeit und der Ruhenszeit.

Arbeitslosengeld nach Einigung vor Gericht

In der Regel empfehlen wir, dass Sie sich vor Gericht auf eine Abfindung einigen. Nach einem solchen sog. gerichtlichen Vergleich sieht die Arbeitsagentur meist von einer Sperrzeit ab. Sie sollten in der gerichtlichen Einigung aber nicht die Kündigungsfrist verkürzen!

Beispiel: Ihre Kündigungsfrist endet am 31. Mai. Beim Gütetermin Anfang Februar einigen Sie sich mit dem Arbeitgeber darauf, dass Sie eine Abfindung erhalten und das Arbeitsverhältnis bereits zu Ende März endet.

In solchen Fällen wird die Arbeitsagentur eine sog. Ruhenszeit verhängen. Sie erhalten dann erst mit einigen Wochen Verzögerung Arbeitslosengeld. Die Zahlungen setzen erst ein, sobald die eigentliche Kündigungsfrist abgelaufen ist (im Beispiel am 31.5.) oder Sie bei hinweggedachter Kündigung aufgrund Ihrer regulären Vergütung einen bestimmten Prozentsatz Ihrer Abfindung verdient hätten. Der Prozentsatz liegt zwischen 25% und 60%, je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit und Ihrem Lebensalter.

Arbeitslosengeld nach außergerichtlicher Einigung

Wenn Sie außergerichtlich per Abwicklungsvertrag eine Abfindung vereinbaren, müssen Sie noch vorsichtiger sein. Hier droht Ihnen eine Sperrzeit, nicht bloß eine Ruhenszeit. Die Sperrzeit verzögert die Auszahlung Ihres Arbeitslosengelds nicht nur, sie kürzt den Anspruch auch. Ihnen werden in der Regel 12 Wochen der maximalen Bezugsdauer genommen.

Die Agentur für Arbeit verhängt jedoch keine Sperrzeit, wenn Ihnen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar ist. Dies ist der Fall, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
  • Ihnen droht andernfalls mit Sicherheit die Kündigung.
  • Eine Weiterbeschäftigung im Unternehmen ist Ihnen aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar.
  • Sie sind nicht unkündbar (z.B. als Betriebsratsmitglied oder aufgrund tarifvertraglicher Regelungen).
  • Die Abfindungshöhe beträgt maximal 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr. Ausnahme: Bei einer höheren Abfindungssumme prüft die Agentur für Arbeit zusätzlich, ob die sonst drohende Kündigung wirksam gewesen wäre.
Auch in einem Abwicklungsvertrag sollten Sie die Kündigungsfrist nicht verkürzen. Hier gelten die obigen Ausführungen zur Ruhenszeit.
Durch gute Vertragsgestaltung lässt sich also oft eine Sperr- oder Ruhenszeit beim Arbeitslosengeld vermeiden. Hierbei kann Sie am besten ein Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstützen.

        5. Wie wirkt sich die Abfindung auf das Krankengeld aus?

Wer eine krankheitsbedingte Kündigung erhält, erhält oft bereits Krankengeld, das die Krankenversicherung zahlt (nicht zu verwechseln mit der grundsätzlich auf sechs Wochen beschränkten Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber).

Grundsätzlich gilt: Eine Abfindung nach krankheitsbedingter Kündigung reduziert das Krankengeld des versicherten Arbeitnehmers nicht, wird also nicht auf den Krankengeldanspruch angerechnet. Dennoch kann die Abfindung andere Auswirkungen auf das Krankengeld haben.
  • Verhängt die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit wegen eines Abwicklungsvertrags, setzt auch das Krankengeld während dieser Zeit aus.
  • Soll die Abfindung noch ausstehende Lohnzahlungen ausgleichen, handelt es sich nicht um eine „echte“ Abfindung. Dieses „versteckte Arbeitsentgelt“ wird auf das Krankengeld angerechnet.
  • In den ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit erhält der Arbeitnehmer weiterhin sein Gehalt. Diese Entgeltfortzahlung erhalten Sie auch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus gezahlt, wenn der Arbeitgeber Ihnen gerade wegen der Krankheit die Kündigung ausgesprochen hat (sog. Anlasskündigung). Auch dann ist die Leistung aber auf insgesamt sechs Wochen beschränkt. Danach steht Ihnen in der Regel Krankengeld von der Krankenkasse oder, wenn Sie wieder arbeitsfähig sind, Arbeitslosengeld I zu.

        6. Erhalten Schwerbehinderte eine höhere Abfindung?

Schwerbehinderte Menschen genießen einen besonderen Kündigungsschutz. Sie sind zwar nicht unkündbar, aber die Voraussetzungen sind deutlich höher als bei anderen Arbeitnehmern. Ohne Zustimmung des Integrationsamtes ist eine Kündigung nicht möglich. Deshalb streben Arbeitgeber häufig eine „einvernehmliche“ Kündigung an und schlagen dem schwerbehinderten Arbeitnehmer eine Abfindung vor.

Da eine Kündigung nur unter strengen Voraussetzungen möglich ist, befindet sich der schwerbehinderte Arbeitnehmer in einer sehr starken Verhandlungsposition. Bei gutem Verhandlungsgeschick und taktischem Vorgehen fällt die Abfindung in der Regel deutlich höher aus als bei anderen krankheitsbedingten Kündigungen.

        7. Abfindung nach krankheitsbedingter Kündigung im öffentlichen Dienst?

Die vorstehenden Ausführungen gelten grundsätzlich auch für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, wobei einige Besonderheiten zu beachten sind.

Die Abfindung im öffentlichen Dienst fällt gelegentlich geringer aus als in der Privatwirtschaft. Denn im öffentlichen Dienst gilt der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Allerdings sind auch hier die konkreten Umstände für die Verhandlungen entscheidend. Je stärker der Kündigungsschutz ist und je unklarer die Umstände für eine wirksame krankheitsbedingte Kündigung sind, desto größer ist der Verhandlungsspielraum. 

Ältere Angestellte aus den alten Bundesländern haben Glück: Denn Beschäftigte des Tarifgebiets West sind nicht ordentlich unkündbar, wenn sie

  • schon länger als 15 Jahre beschäftigt und
  • über 40 Jahre alt sind.
Hier sind auch höhere Abfindungen als in der Privatwirtschaft denkbar.
Die Regelung stammt aus einem alten Tarifvertrag, die für die betroffenen Angestellten immer noch gilt. Wenn Sie unter diese Regelung fallen, kann Ihnen der Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund kündigen. Ein wichtiger Grund muss aber erst einmal gefunden und gut begründet werden. Eine Kündigung wegen Krankheit kommt insoweit nur in Betracht, wenn die Genesung nahezu ausgeschlossen scheint und das Arbeitsverhältnis deshalb auf Dauer sinnentleert ist. Diese Fälle sind selten. Daher verhandeln Sie auch hier aus einer starken Position heraus.

        8. Fazit

  • Eine krankheitsbedingte Kündigung ist an besonders hohe Voraussetzungen geknüpft. Deshalb bieten Arbeitgeber oft eine Abfindung an. Das Angebot ist aber freiwillig und deshalb Verhandlungssache.
  • Die Höhe der Abfindung ist Verhandlungssache. Als Richtwert kann man 0,5 Bruttomonatslöhne pro Beschäftigungsjahr heranziehen. Der Betrag kann auch darunter oder weit darüber liegen.
  • Sie sollten darauf achten, dass die Abfindung Ihr Arbeitslosengeld nicht schmälert. Einigen Sie sich mit dem Arbeitgeber deshalb nicht auf eine verkürzte Kündigungsfrist und lassen Sie sich beraten.
  • Durch eine Abfindung nach krankheitsbedingter Kündigung reduziert sich das Krankengeld des Arbeitnehmers grundsätzlich nicht.
  • Durch den Sonderkündigungsschutz sind Schwerbehinderte besonders vor einer krankheitsbedingten Kündigung geschützt, sodass sie oft eine höhere Abfindung erzielen.
  • Auch Angestellte im öffentlichen Dienst erhalten nach einer krankheitsbedingten Kündigung oft eine Abfindung.