Bei Krankheiten kann im Arbeitsleben zu allem Überfluss noch eine Kündigung hinzukommen. Die krankheitsbedingte Kündigung bietet jedoch auch häufig Angriffspunkte. Was der Arbeitgeber dabei beachten muss und wann es sich lohnt, gegen die Kündigung vorzugehen, erfahren Sie hier.
- Checkliste: Ist Ihre Entlassung wegen Krankheit wirksam?
- 1. Stufe – Negative Prognose:
Fallgruppe | Beschreibung |
Häufige Kurzerkrankungen | Der Arbeitnehmer hat über einen Zeitraum von mehreren Jahren insgesamt länger als sechs Wochen pro Jahr wegen Krankheit gefehlt. |
Langzeiterkrankung | Der Arbeitnehmer fehlt schon seit mindestens sechs Wochen krankheitsbedingt und wird voraussichtlich weiterhin arbeitsunfähig erkrankt bleiben. |
Ungewissheit über die künftige Arbeitsunfähigkeit | In den nächsten 24 Monaten wäre eine Genesung zwar möglich, ist aber ungewiss. |
Krankheitsbedingte Leistungsminderung („low performance“) | Der Arbeitnehmer leistet wegen der Krankheit weniger als er eigentlich individuell könnte. Entweder liefert er mangelhafte Arbeitsergebnisse oder schlicht weniger Arbeit ab. |
- 2. Stufe – Gibt es mildere Mittel?
Wichtig ist auch das sogenannte betriebliche Eingliederungsmanagement (bEM). Der Arbeitgeber muss ein bEM mit dem erkrankten Arbeitnehmer durchführen, wenn dieser innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig war (vgl. § 167 Abs. 1 SGB IX). Im bEM erörtern Arbeitgeber und Arbeitnehmer dann, wie die Krankheit überwunden werden kann, welche Vorbeugemaßnahmen ergriffen werden könnten und wie die Zukunft des Arbeitnehmers in dem Betrieb aussehen soll.
Führt der Arbeitgeber das bEM nicht durch, ist die Kündigung unwirksam. Eine Ausnahme gilt nach dem Bundesarbeitsgericht nur dann, wenn der Arbeitgeber darlegt, dass das bEM sowieso ergebnislos verlaufen wäre. Etwa, wenn eine Weiterarbeit in dem Betrieb mit der Krankheit unter keinen Umständen mehr möglich ist.
- 3. Stufe – Abwägung
Auf folgende Fragen kommt es vor allem an:
- Wie lange ist der Arbeitnehmer schon in dem Betrieb beschäftigt?
- Hat der Arbeitnehmer Kinder?
- Wie alt ist er?
- Wie sehr sind die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt (etwa wegen Störungen im Betriebsablauf oder den Lohnfortzahlungskosten)?
- Formalien
- Die Kündigung muss stets schriftlich erklärt werden. Eine Unterschrift ist also zwingend.
- Vor der Absendung des Kündigungsschreibens muss der Arbeitgeber den Betriebsrat angehört haben, falls einer besteht.
- Zudem muss der Arbeitgeber die Kündigungsfristen beachten, die sich aus § 622 BGB ergeben. Die krankheitsbedingte Kündigung ist nämlich praktisch nur als ordentliche Kündigung mit einer Frist möglich.
Die fristlose Kündigung wegen Krankheit betrifft Fälle, in denen einem erkrankten Arbeitnehmer nach dem Tarifvertrag nicht ordentlich gekündigt werden darf. Selbst hier sind aber soziale Auslauffristen zu beachten, die sich an § 622 BGB orientieren.
Gibt der Arbeitgeber eine zu kurze Frist im Kündigungsschreiben an, ist die Entlassung nicht automatisch unwirksam. Es kommt stark auf den Einzelfall an.
- Muss der Arbeitgeber vor der Kündigung abmahnen?
- Was gilt für die krankheitsbedingte Kündigung in der Probezeit und in Kleinbetrieben?
- Kündigungen in der Probezeit: In den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses gilt eine „Probezeit“. Hier greift noch kein Kündigungsschutz (§ 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz).
- Kündigungen in Kleinbetrieben: Betriebe, die im Normalfall nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigen, werden als Kleinbetriebe bezeichnet. Arbeitnehmer mit bis zu 30 Stunden pro Woche werden hierbei als 0,75 Mitarbeiter gezählt und Mitarbeiter bis 20 Stunden pro Woche als 0,5 Mitarbeiter.
- Wer muss die Umstände für die krankheitsbedingte Kündigung beweisen?
- Warum Sie sich gegen die krankheitsbedingte Kündigung wehren sollten
- Fazit
- Eine Kündigung wegen Krankheit kann oft angegriffen werden.
- Wirksam ist sie – kurz gesagt – nur, wenn eine negative Prognose besteht, es keine andere Einsatzmöglichkeit gibt und die Interessen des Arbeitgebers überwiegen.
- Diese Voraussetzungen muss der Arbeitgeber aufwändig beweisen.
- Wichtig ist, die Klage binnen drei Wochen nach dem Zugang der Kündigung zu erheben.
- In der der sechsmonatigen Probezeit und in Kleinbetrieben kann der Arbeitgeber allerdings grundsätzlich problemlos wegen Krankheit kündigen.
- Eine Abmahnung wegen Krankheit gibt es nicht.