ARBEITSRECHT

Aufhebungsvertrag wegen Depression richtig verhandeln

Der Umgang mit Depressionen im Arbeitsverhältnis kann herausfordernd sein. Ob Sie einen Aufhebungsvertrag wegen einer Depression unterschreiben sollten und was Sie dann erwartet, erfahren Sie in dem folgenden Beitrag.

Aufhebungsvertrag wegen Depression richtig verhandeln

1. Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Mit einem Aufhebungsvertrag können Arbeitgeber und Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beenden. Dabei ist ein Aufhebungsvertrag keine Kündigung. Die Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis ohne Zustimmung der anderen Partei. Für einen Aufhebungsvertrag müssen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer hingegen einig sein. Wer in erster Linie die Aufhebung möchte, spielt keine Rolle. Sowohl Sie als auch der Arbeitgeber können einen Aufhebungsvertrag anregen.
Ein Aufhebungsvertrag hat folgende Vorteile für Sie:
  • Kontrolle: Als Arbeitnehmer haben Sie die Möglichkeit, auf die Bedingungen und den Zeitpunkt der Beendigung Einfluss zu nehmen. Das ermöglicht Ihnen, den Prozess zu planen und besser mit der Depression umzugehen. Der Arbeitgeber kann Sie nicht zu einer Unterschrift zwingen. Unterschreiben Sie deshalb erst, wenn die Bedingungen für Sie akzeptabel sind.
  • Flexibilität: Im Gegensatz zur Kündigung ist ein Aufhebungsvertrag nicht an einen Grund oder eine Frist gebunden. Sie können eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses jederzeit vereinbaren und damit Ihre Erkrankung in den Fokus nehmen. Auch, wenn Sie einen neuen Job gefunden haben, der besser zu Ihrer Erkrankung passt, hat das einen Vorteil. Sie müssen nicht auf eine bestimmte Frist warten, um mit diesem Job anzufangen. Voraussetzung ist natürlich, dass der Arbeitgeber sich auf Ihr gewünschtes Kündigungsdatum einlässt. Das hängt von Verhandlungen ab.
  • Abfindung: Wenn sich in erster Linie der Arbeitgeber trennen möchte, wird er Ihnen eine Abfindung anbieten. So „erkauft“ er sich Ihre Zustimmung zum Aufhebungsvertrag. Dies kann finanzielle Sicherheit bieten, um sich auf eine Therapie oder die Genesung zu konzentrieren. Aber Vorsicht: Der Aufhebungsvertrag ist nicht der einzige Weg zu einer Abfindung. Wenn Sie den Aufhebungsvertrag ablehnen und der Arbeitgeber Ihnen anschließend kündigt, bestehen ebenfalls Chancen auf eine Abfindung. Unter Umständen fällt diese sogar höher aus. Entscheidend ist der Einzelfall; wir beraten Sie dazu gerne.
Sie sollten allerdings auch die Nachteile beachten und wissen, dass Sie durch einen Aufhebungsvertrag:
  • keinen Kündigungsschutz mehr haben,
  • und eventuell eine Sperrzeit beim Krankengeld und Arbeitslosengeld I riskieren.
Daher hängt stark vom Einzelfall ab, ob Sie einen Aufhebungsvertrag wegen Depressionen unterschreiben sollten. Wir beraten Sie dazu.

2. Wann wird ein Aufhebungsvertrag wegen Depression geschlossen?

Ein Aufhebungsvertrag kann grundsätzlich immer geschlossen werden. In der Regel schlägt der Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag vor, wenn Sie schon lange wegen einer Depression arbeitsunfähig sind und bereits Krankengeld von der Krankenkasse erhalten. Er muss Sie nach sechs Wochen ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit zwar nicht mehr bezahlen. Trotzdem möchte er Planungssicherheit über Ihre Stelle erhalten und regt deshalb eine einvernehmliche Trennung an.
Depressionen können allerdings auch in kurzen Abständen und sehr häufig auftreten. Gelegentlich kann auch das dazu führen, dass Ihr Arbeitgeber sich von Ihnen trennen möchte.

Achtung: Der Arbeitgeber schlägt den Aufhebungsvertrag vor, weil dies seine einzige oder zumindest die sicherste Möglichkeit ist, sich von Ihnen zu trennen. Eine Kündigung wegen der Erkrankung ist entweder rechtswidrig oder zumindest riskant für den Arbeitgeber. Er müsste vor dem Arbeitsgericht u.a. beweisen, dass Sie wegen der Depression in Zukunft häufig oder lange Zeit ausfallen werden und keine leidensgerechte andere Beschäftigung möglich ist. Oft gelingt ihm dies nicht. Deshalb sollten Sie dem Aufhebungsvertrag wegen Depression nur unterschreiben, wenn die Bedingungen für Sie attraktiv sind. Andernfalls ist es oft sinnvoller für Sie, eine Kündigung abzuwarten und gegen diese zu klagen.

Überlegen Sie sich die Entscheidung gut: Ein Aufhebungsvertrag ist verbindlich. Er kann nur in Ausnahmefällen aufgelöst werden; so etwa, wenn Sie Ihr Arbeitgeber getäuscht, bedroht oder gegen das “Gebot des fairen Verhandelns” verstoßen hat. Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber bewusst eine psychische Drucksituation schafft, um Sie zum Unterschreiben zu bringen.

3. Muss der Arbeitgeber eine Abfindung zahlen?

Es gibt kein Gesetz, das eine Abfindung bei einem Aufhebungsvertrag wegen Depression vorschreibt. Ob und in welcher Höhe Sie eine Abfindung erhalten, ist von Ihrem Verhandlungsgeschick bzw. dem Ihres Anwalts abhängig. Dabei sind u.a. folgende Faktoren zu berücksichtigen:
  • Das Interesse Ihres Arbeitgebers ist entscheidend. Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen einen Aufhebungsvertrag vorschlägt, sieht es gut für Sie aus. Wenn Ihr Arbeitgeber allerdings kein Interesse an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat, wird dieser in der Regel auch keine Entschädigungszahlung anbieten.
  • Entscheidend ist, welche Chance eine krankheitsbedingte Kündigung hätte. Dafür kommt es maßgeblich darauf an, wann Sie wieder arbeiten könnten. Der Arbeitgeber muss vor Gericht eine sog. Negativprognose darlegen und beweisen. Das gelingt bei Depressionen oft nicht, insbesondere wenn Ihr Arzt Ihnen attestiert, dass Sie bald wieder arbeitsfähig sein werden. Dann bleibt dem Arbeitgeber nur das Mittel des Aufhebungsvertrages und er ist auf Ihre Zustimmung angewiesen. Damit haben Sie eine gute Position bei der Verhandlung der Abfindung.
Für die Abfindungshöhe werden in der Regel ein halber Bruttolohn pro Anstellungsjahr veranschlagt. Die Abfindung bestimmt sich durch
0,5 x letztem Bruttolohn x Jahre der Anstellung.

Beispiel: Sie möchten wissen, wieviel Abfindung nach 20 Jahren bei Ihrem Arbeitgeber realistisch sind. Zuletzt haben Sie 4.000,00 € brutto verdient. Aufgrund anhaltender Depressionen vereinbaren Sie mit Ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag. Darin verhandeln Sie eine Regelabfindung. Ihre Abfindung beläuft sich auf 0,5 x 4.000,00 € x 20 = 40.000,00 €.

Die Abfindung bei Krankheit kann je nach Fall aber auch deutlich niedriger oder höher ausfallen.

Übrigens: Ihr Arbeitgeber muss Ihnen die nicht wahrgenommen Urlaubstage nach einem Aufhebungsvertrag grundsätzlich auszahlen. Das kann gerade bei einer langen Depression viel Geld sein. Auch während Sie krank sind, sammeln Sie nämlich Urlaubstage, die Ihnen dann 15 Monate lang zur Verfügung stehen. Daher lohnt es sich, auch über die Auszahlung der Urlaubstage zu sprechen.

4. Wie wirkt sich ein Aufhebungsvertrag wegen Depressionen auf das Krankengeld aus?

Insbesondere chronische Depressionen können mehrere Jahre andauern. In den ersten sechs Wochen bekommen Sie den normalen Lohn von Ihrem Arbeitgeber. Danach erhalten Sie in aller Regel Krankengeld von Ihrer Krankenkasse. Das Krankengeld beträgt meist 70 % Ihres letzten Gehaltes und wird bis zu 72 Wochen lang gezahlt. Wenn Sie hingegen trotz Ihrer Depression (in anderen Berufen) arbeitsfähig sind, steht Ihnen grundsätzlich Arbeitslosengeld zu.
Ein Aufhebungsvertrag wegen Depression kann sich auf das Krankengeld auswirken. Dabei sind folgende Grundsätze zu beachten.
  • Wenn ein Arbeitsverhältnis endet, während Sie Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber erhalten, haben Sie ab dem Ende des Arbeitsverhältnisses keinen Anspruch mehr auf das Entgelt. In der Regel steht Ihnen dann Krankengeld zu.
  • Erhalten Sie schon Krankengeld, während das Arbeitsverhältnisses mit einem Aufhebungsvertrag endet, so bekommen Sie weiterhin Krankengeld. Wird eine Sperrzeit angeordnet (s.u.), gilt diese auch für das Krankengeld.
Übrigens: Wenn Sie eine Abfindung erhalten, reduziert diese das Krankengeld grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt allerdings, wenn Ihr Arbeitgeber mit einer Abfindung bloß rückständigen Lohn auszahlt.

5. Wird nach einem Aufhebungsvertrag wegen Depressionen eine Sperrzeit verhängt?

Ein Aufhebungsvertrag ohne einen wichtigen Grund kann zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld und beim Krankengeld führen. Das bedeutet, dass Sie bis zu einer Zeit von 12 Wochen kein Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld erhalten. Dies lässt sich in manchen Fällen bei guter Beratung vermeiden!

Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn die Fortführung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist. Demnach droht Ihnen z.B. keine Sperrzeit, wenn:
  • wenn Sie sonst mit einer wirksamen Kündigung rechnen müssen,
  • die gesetzliche Kündigungsfrist eingehalten wird,
  • die Abfindung maximal 0,5 Brutto-Monatsgehälter pro Beschäftigtenjahr beträgt und
  • Sie nicht unkündbar sind.
Wenn eine höhere Abfindung vereinbart wird, überprüft das Arbeitsamt, ob die geplante krankheitsbedingte Kündigung wirksam wäre. Wird sie als wirksam angesehen, entfällt die Sperrzeit.

6. Fazit

  • Mit einem Aufhebungsvertrag können Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Zusammenarbeit beenden. Dies kann bei einer Depression Vorteile haben.
  • Bei einer Depression wird ein Aufhebungsvertrag meist geschlossen, während der Arbeitnehmer Krankengeld von der Krankenkasse erhält.
  • Wenn Ihr Arbeitgeber den Aufhebungsvertrag vorschlägt, stehen Ihre Chancen gut, eine hohe Abfindung zu verhandeln.
  • Ein Aufhebungsvertrag wegen Depressionen kann sich auf das Krankengeld auswirken. Eine Sperrzeit gilt auch für das Krankengeld.
  • Um eine Sperrzeit zu verhindern, muss ein wichtiger Grund vorliegen.