Betriebsbedingte Änderungskündigung: 5 typische Fehler

Die betriebsbedingte Änderungskündigung führt fast immer zu einer Verschlechterung für den Arbeitnehmer. Nur allzu oft muss er sich zwischen seiner Entlassung und ungünstigeren Bedingungen entscheiden. Betriebsbedingte Änderungskündigungen sind aber fehleranfällig und können somit oft angegriffen werden. Welche typischen Fehler Sie als Arbeitnehmer kennen sollten, zeigen Wir Ihnen gerne in diesem Beitrag.

1. Was ist eine betriebsbedingte Änderungskündigung?

Eine normale Entlassung stellt sich so dar: Ihr Arbeitgeber kündigt Ihnen und stellt Sie vor vollendete Tatsachen. Eine Wahl haben Sie nicht. Nicht so bei der Änderungskündigung. Eine solche Kündigung spricht Ihr Arbeitgeber dann aus, wenn er Ihre Arbeitsbedingungen ändern möchte, Sie dem aber nicht freiwillig zustimmen. Die gewünschten Veränderungen sind für Sie fast immer von Nachteil. Die Gründe für eine Änderungskündigung sind vielfältig: Oft geht es um eine Versetzung, weniger Lohn oder eine verringerte Arbeitszeit. In diesem Fall darf der Arbeitgeber Sie unter Umständen mithilfe einer „Änderungskündigung“ vor die Wahl stellen: Entweder Sie stimmen der Änderung Ihres Arbeitsverhältnisses zu oder Sie sind entlassen. Die Änderungskündigung verknüpft somit Änderungsangebot des Arbeitgebers mit einer (angedrohten) Kündigung.

2. Fehler 1: Änderungsangebot ist unklar formuliert

Bei einer Änderungskündigung muss Ihnen genau klar werden, worauf Sie sich gegebenenfalls einlassen. Ihr Arbeitgeber ist daher verpflichtet, die von ihm gewünschten Änderungen hinreichend präzise und detailliert zu formulieren. Sie müssen dem Angebot klar und deutlich entnehmen können, was Sie bei Antritt der veränderten Stelle erwartet. Die Änderungen müssen so nachvollziehbar und umfassend erklärt sein, dass Sie auch einfach „Ja“ zum Angebot sagen können, ohne dass Unsicherheiten bezüglich einzelner Punkte bestehen. Hält sich Ihr Arbeitgeber nicht daran und formuliert sein Angebot unpräzise oder lässt wichtige Details aus, ist die Kündigung unwirksam.

3. Fehler 2: Es gibt keinen Kündigungsgrund

Grundsätzlich genießen Sie als Arbeitnehmer dank des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) einen hervorragenden Kündigungsschutz und brauchen sich nicht allzu schnell vor Entlassungen zu fürchten. Greift das KSchG, kann Ihr Arbeitgeber Ihnen nur dann kündigen, wenn dafür ein Kündigungsgrund vorliegt (§ 1 KSchG). Kann der Arbeitgeber keinen Grund nennen, ist die Kündigung unwirksam. Das gilt auch für die Änderungskündigung! Hier kommt sogar hinzu, dass schon die Änderung Ihrer Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt sein muss. Wie der Name schon sagt, liegt der Kündigungsgrund bei der betriebsbedingten Änderungskündigung im Betrieb selbst. Der Arbeitgeber muss darlegen, dass betriebliche Gründe die Änderungskündigung erfordern. Es gibt verschiedene betriebliche Erfordernisse, die eine Änderungskündigung rechtfertigen können. Typische Fälle sind:

  • Das Unternehmen steht wirtschaftlich sehr schlecht da und der Arbeitgeber ist gezwungen, Ausgaben einzusparen.
  • Der Betrieb wird umstrukturiert und Organisation oder Betriebszweck ändern sich.
  • Betriebsteile oder Abteilungen werden stillgelegt.
  • Arbeitsabläufe werden modernisiert.
  • Umstrukturierungsmaßnahmen führen dazu, dass das Unternehmen ohne Stellenabbau oder Senkung der Personalkosten an seine Existenzgrenzen gerät und keine andere Möglichkeit ersichtlich ist, die Kosten zu senken.

Ihr Arbeitgeber hat bei diesen Maßnahmen meist einen gewissen Entscheidungsspielraum. Grundsätzlich darf er sein Unternehmen nach eigenem Ermessen leiten und gestalten, auch wenn dies zu Veränderungen und Umstrukturierungen für die Arbeitnehmer führt. Das Arbeitsgericht überprüft Unternehmerentscheidungen daher nur eingeschränkt. Gerade für die Reduzierung Ihrer Bezahlung haben die Gerichte aber recht enge Grenzen aufgestellt. Möchte Ihr Arbeitgeber grundlos oder missbräuchlich Ihre Arbeitsbedingungen verändern, ohne Umstrukturierungen oder ähnliches vorzunehmen, darf er Ihnen keine Änderungskündigung aussprechen. Denn auch für Ihren Arbeitgeber gilt: Grundsätzlich ist man an Verträge gebunden. Ob ein Kündigungsgrund vorliegt, ist daher stets eine Sache des Einzelfalls. Anwaltliche Beratung ist hier für eine fundierte Beurteilung meist unerlässlich. Zuletzt eine Anmerkung: Sind in Ihrem Betrieb sind nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt oder sind Sie noch nicht seit mindestens sechs Monaten für Ihren Arbeitgeber tätig, gilt das KSchG nicht. Ihr Arbeitgeber braucht dann keinen Kündigungsgrund. Eine Entlassung ist dann deutlich einfacher.

4. Fehler 3: Sozialauswahl der Änderungskündigung ist fehlerhaft

Hat Ihr Arbeitgeber einen Kündigungsgrund, ist er Ihrer Entlassung zwar einen Schritt näher, am Ziel ist er aber noch lange nicht. Ihr Arbeitgeber muss bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung nämlich zudem eine aufwändige „Sozialauswahl“ treffen (§ 1 Abs. 3 KSchG). Eine Sozialauswahl funktioniert wie folgt:

  • Zunächst muss der Arbeitgeber vergleichbare Arbeitnehmer aus seinem Betrieb auswählen, die für die geänderte Stelle geeignet wären.
  • Der Arbeitgeber bewertet die Arbeitnehmer nun nach verschiedenen Kriterien (Beschäftigungsdauer, Alter, Unterhaltsverpflichtungen, Schwerbehinderung).
  • Nun muss er dem Arbeitnehmer zuerst die Änderungskündigung aussprechen, der die vorgeschlagene Vertragsänderung nach diesen Kriterien am besten verkraften würde. Maßgeblich ist also, welcher Arbeitnehmer – wenn er sich entschließt, das Änderungsangebot anzunehmen – unter den neuen Arbeitskonditionen am wenigsten leidet.

Beispiel: Soll beispielsweise der Lohn gesenkt werden, muss der junge Single die Änderungskündigung grundsätzlich vor dem alten Familienvater erhalten. Davon gibt es zwar Ausnahmen; diese sind aber nicht leicht zu begründen. Eine korrekte Sozialauswahl ist grundsätzlich außerordentlich kompliziert. Fehler sind daher an der Tagesordnung. Nur wenn Ihr Arbeitgeber diese Schritte ordnungsgemäß durchführt, ist Ihre Kündigung rechtlich gestattet. Eine fehlerhafte Sozialauswahl kann daher die Kündigung zunichtemachen und Ihren Arbeitsplatz retten.

5. Fehler 4: Betriebsrat wurde nicht oder fehlerhaft angehört

Grundsätzlich muss Ihr Arbeitgeber vor jeder Kündigung den Betriebsrat über die geplante Entlassung informieren und diesen dazu anhören. Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung muss der Arbeitgeber ihm darüber hinaus die Gründe nennen, warum er die Arbeitsbedingungen verändern muss. Zudem hat er dem Betriebsrat das Änderungsangebot vorzulegen und die Änderungen zu erläutern. Für den Arbeitgeber ist die Beteiligung des Betriebsrats bei einer Änderungskündigung daher besondere komplex: Hier kann ihm nicht nur ein Fehler wegen der versäumten Anhörung unterlaufen, sondern auch wegen einer falsch durchgeführten Anhörung, sofern er keine vollständigen Angaben macht. Gibt es in Ihrem Betrieb keinen Betriebsrat, muss und kann dieser natürlich auch nicht angehört werden.

6. Fehler 5: Besonderer Kündigungsschutz schützt Sie vor betriebsbedingter Änderungskündigung

Eine weitere Hürde für den Arbeitnehmer stellt der besondere Kündigungsschutz – auch Sonderkündigungsschutz genannt – dar. Dieser gilt ergänzend zum allgemeinen Kündigungsschutz, geht aber noch deutlich weiter und erschwert alle Arten von Kündigungen erheblich. Genießen Sie besonderen Kündigungsschutz, können Sie meist nur ausnahmsweise unter sehr engen Voraussetzungen entlassen werden. Folgende Personengruppen profitieren typischerweise vom Sonderkündigungsschutz:

  • Schwerbehinderte
  • Arbeitnehmer, die in Mutterschutz bzw. Elternzeit sind oder diese bereits angekündigt haben
  • Schwangere
  • Betriebsratsmitglieder
  • Auszubildende

Auch vor der Änderungskündigung macht der Sonderkündigungsschutz keinen Halt: Fallen Sie als Arbeitnehmer unter eine der besonders geschützten Personengruppen, wird Ihr Arbeitgeber es schwer haben, Ihnen die Änderungskündigung auszusprechen.

7. Weitere Fehler?

Neben diesen typischen Fehlern, welche wir Ihnen in den vorherigen Abschnitten vorgestellt haben, gibt es noch eine ganze Reihe an weiteren „allgemeineren“ Fehlern. Hier nur einige Beispiele:

  • Die Kündigung wurde nicht schriftlich ausgesprochen.
  • Ein unzuständiger Mitarbeiter hat Ihnen gekündigt.
  • Der Zugang der Kündigung kann nicht nachgewiesen werden.

Sie sehen: Auch wenn Sie eine Änderungskündigung erhalten, heißt das noch lange nicht, dass diese auch rechtmäßig ist. Da die Änderungskündigung selten Gutes mit sich bringt, sollten Sie vor Ihrer Entscheidung grundsätzlich einen Anwalt aufsuchen und sich beraten lassen. Dieser wird Ihre Kündigung prüfen und mit Ihnen gemeinsam weitere Schritte planen. Aber Achtung: Sie müssen grundsätzlich innerhalb von drei Wochen Klage vor dem Arbeitsgericht erheben. Andernfalls ist eine Kündigung wirksam. Daher ist Eile geboten!

8. Fazit
  • Ist Ihre Kündigung fehlerhaft, haben Sie nur drei Wochen Zeit, um dagegen vorzugehen!
  • Die betriebsbedingte Änderungskündigung kann aus vielen Gründen unwirksam sein. Es lohnt sich daher immer, nach typischen Fehlern Ausschau zu halten.
  • Die Änderungskündigung ist schon dann unwirksam, wenn das Änderungsangebot nicht präzise genug formuliert ist.
  • Liegt kein Kündigungsgrund vor, ist eine Änderungskündigung nicht gestattet. Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung beruht die Kündigung auf dringenden betrieblichen Erfordernissen.
  • Rechtswidrig ist die Änderungskündigung auch dann, wenn der Arbeitgeber keine ausreichende Sozialauswahl vornimmt. Er muss unter seinen Arbeitnehmern das Änderungsangebot demjenigen machen, dem es am ehesten zuzumuten ist.
  • Versäumt der Arbeitgeber es, den Betriebsrat hinsichtlich der Änderungskündigung anzuhören oder enthält er diesem Einzelheiten des Änderungsangebots vor, ist die Änderungskündigung unwirksam.
  • Wenn Sie besonderen Kündigungsschutz genießen, kann Ihr Arbeitgeber Ihnen nur unter sehr strengen Voraussetzungen die Änderungskündigung erklären.