Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Auch bei Teilzeit führen Überstunden oft zu Streit. Hier erfahren Sie, wann Sie als Teilzeitmitarbeiter Überstunden verweigern können, und mit welcher Vergütung Sie rechnen können.
1. Können Arbeitnehmer in Teilzeit Überstunden verweigern?
Jeder kennt die Situation: Kurz vor Feierabend fragt der Chef, ob Sie nicht noch zwei Stunden länger arbeiten könnten. Die meisten Arbeitnehmer möchten ihren Vorgesetzten dann nicht verärgern und stimmen den Überstunden zu. Dazu sind Sie aber grundsätzlich nicht verpflichtet. Ihr Arbeitgeber muss sich an die Zeiten halten, die im Arbeitsvertrag festgelegt sind. Alles was darüber hinausgeht, kann grundsätzlich nur in Ausnahmefällen verlangt werden.

Überstunden mündlich vereinbart

Wenn Sie den Überstunden zustimmen, treffen Sie eine verbindliche Vereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber. Dann müssen Sie die Überstunden auch leisten. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie schriftlich oder nur mündlich einwilligen.

Überstunden im Arbeits- oder Tarifvertrag festgelegt
 
In einigen Fällen legt schon der Arbeits- oder Tarifvertrag eine begrenzte Anzahl von möglichen Überstunden fest. Diese können Sie ebenfalls nicht verweigern.

 

Beispiel: „Mit der monatlichen Vergütung sind bis zu sieben Überstunden monatlich bereits abgegolten.“

 

Solche Klauseln sind grundsätzlich nur rechtmäßig, wenn eine genaue Anzahl von Überstunden festgelegt wird. Sind sie zu vage, kann sich Ihr Arbeitgeber nicht auf die Regel berufen. Lassen Sie solche Klauseln also möglichst von einem Anwalt für Arbeitsrecht überprüfen!

Überstunden in Notsituationen

In Notsituationen kann Ihr Arbeitgeber auch außervertragliche Überstunden verlangen. Notsituationen sind jedoch keine geschäftlichen Notfälle, wie ein plötzlicher Großauftrag oder eine Deadline. Gemeint sind unvorhersehbare Katastrophen, die den Betrieb gefährden.

 

Beispiele für Notsituationen:

 

  • Brände
  • Überschwemmungen
  • Stromausfälle

Überstunden verweigern

 

Wenn keine Notsituation vorliegt oder im Vertrag keine Überstunden festgelegt sind, können Sie Überstunden durchaus verweigern. Die Weigerung ist dann kein zulässiger Kündigungsgrund. Beachten Sie aber, dass in der Probezeit und in Kleinbetrieben eine Kündigung nicht ausgeschlossen ist. Um sicher zu gehen, sollten Sie vorher einen Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzuziehen.

 

Sind Sie zu den Überstunden hingegen verpflichtet und verweigern Sie trotzdem, verstoßen Sie gegen arbeitsvertragliche Pflichten. Das ist nach § 1 Abs. 2 KSchG ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund.

 

Aber: Für eine Kündigung reicht es grundsätzlich nicht aus, dass Sie einmal unberechtigt Überstunden verweigert haben. Ihr Arbeitgeber muss Sie mindestens einmal vor der Kündigung abmahnen. Zumindest gilt dies außerhalb von Kleinbetrieben und der Probezeit.

2. Wie viele Überstunden sind zulässig bei Teilzeit?
Nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) dürfen Arbeitnehmer nicht über acht Stunden pro Tag arbeiten. Da das Gesetz von einer Sechstagewoche ausgeht sind das 48 Stunden/Woche (ohne Pause). Daraus ergibt sich dann auch die Obergrenze für Überstunden in Teilzeit – ganz egal, ob Sie mehr arbeiten möchten.
Vorübergehend kann die Arbeitszeit auf 10 Stunden am Tag, das heißt 60 Stunden/Woche heraufgesetzt werden. Solche Überstunden müssen aber in einem Zeitraum von sechs Monaten ausgeglichen werden.
Aber Achtung: Wenn Sie über längere Zeit regelmäßig Überstunden leisten, kann aus der Teilzeitstelle automatisch eine Vollzeitstelle werden. Die häufige Mehrarbeit wird dann als stillschweigende Vertragsänderung gewertet. Es handelt es sich in diesem Fall nicht mehr um Überstunden, sondern um regulär geschuldete Arbeitszeit. Die Änderung kann nur in Form einer Änderungskündigung des Arbeitgebers oder im beidseitigen Einvernehmen rückgängig gemacht werden.
3. Werden Überstunden bei Teilzeit bezahlt?
Wenn nichts anderes im Arbeits- oder Tarifvertrag festgelegt wurde, müssen Überstunden grundsätzlich vergütet werden. Die Höhe des Lohns wird mit der folgenden Formel berechnet:
Bruttomonatsgehalt x 3 / 13 / Anzahl der Wochenstunden
Häufig legen Arbeitsverträge jedoch fest,
  • dass eine bestimmte Anzahl an Überstunden bereits mit dem Festgehalt abgegolten ist, oder
  • Überstunden erst ab einer bestimmten Anzahl von z.B. 10/Monat gesondert vergütet werden.
Solche Klauseln sind aber nur wirksam, wenn sie genau festlegen, was den Arbeitnehmer schlimmstenfalls erwartet. Sie müssen also deutlich machen, wie viele Überstunden der Arbeitnehmer ohne zusätzliche Vergütung leisten muss.
Beispiel für eine unzulässige Klausel: „Monatlich anfallende Überstunden werden mit dem Festgehalt abgegolten.“

Keine Vergütung bei Unkenntnis des Arbeitgebers

 

Überstunden, die Ihr Arbeitgeber weder angeordnet noch ausdrücklich oder stillschweigend gebilligt hat, müssen nur vergütet werden, wenn sie dringend erforderlich waren. Sie müssen beweisen können, dass Sie die Arbeit sonst nicht hätten fertigstellen können.

Überstundenzuschlag

 

Überstunden müssen nicht besser vergütet werden als reguläre Stunden; es sei denn, ein entsprechender Zuschlag wurde vertraglich vereinbart. Das ist häufig in Tarifverträgen der Fall.

 

Achtung: Für Tarifverträge im öffentlichen Dienst legt § 8 des TVöD gesonderte Zuschläge bei Überstunden fest. Laut Bundesarbeitsgericht (BAG) kommt die Vorschrift jedoch erst zum Tragen, wenn die reguläre Arbeitszeit einer Vollzeitkraft überschritten wird. Wird lediglich die individuell vereinbarte Arbeitszeit überschritten, besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Überstundenzuschlag.

 

Auch viele andere Tarifverträge mit Überstundenzuschlag werden so auszulegen sein. Um sicher zu gehen, sollten Sie sich an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht wenden.

4. Wie lassen sich Überstunden noch abbauen bei Teilzeit?
Überstunden können unter Umständen auch abgefeiert, das heißt durch Freizeitausgleich abgegolten werden. Diese Möglichkeit muss jedoch ausdrücklich im Arbeits- oder Tarifvertrag festgelegt sein.
Liegt keine vertragliche Regelung vor, kann Ihr Arbeitgeber die Überstunden nur durch Freizeitausgleich vergüten, wenn Sie dem ausdrücklich zustimmen. Ansonsten sind die Überstunden in Geld auszuzahlen.
Achtung: Abfeiern kann besonders dann vorteilhaft sein, wenn der durch die Überstunden erhöhte Jahresverdienst sonst zu wesentlich höheren Steuerverpflichtungen führen würde.
5. Was wird aus den Überstunden bei Kündigung?
Häufig leisten Arbeitnehmer Überstunden, ohne direkt eine gesonderte Vergütung von ihrem Arbeitgeber zu verlangen. Das kann zwar förderlich für die Beziehung zum Chef sein, wird aber dann problematisch, wenn eine Seite den Vertrag kündigt und Sie die Überstunden daraufhin vergütet haben möchten.
Die gute Nachricht: Geleistete Überstunden fallen nicht wegen der Kündigung weg. Vertragliche Regelungen, die einen solchen Ausschluss festlegen, sind rechtswidrig. Sie können die Überstunden also trotz einer Kündigung geltend machen. Es gibt aber einige Fristen und Fallstricke die Sie dabei beachten müssen.
Achtung: Ausstehende Ansprüche wegen Überstunden können auch während der Kündigungsfrist noch abgefeiert werden. Meist darf der Arbeitgeber dies sogar gegen Ihren Willen anordnen, wenn Ihre Verträge denn die Möglichkeit des Freizeitausgleichs vorsehen. Nach Ablauf der Kündigungsfrist ist natürlich nur noch der Ausgleich mit Geld möglich.

Ausschlussfristen
Häufig sieht der Arbeitsvertrag Ausschlussfristen vor, innerhalb derer Sie den Vergütungsanspruch beim Arbeitgeber geltend machen müssen. Ansonsten verfällt der Anspruch. Solche Fristen müssen mindestens 3 Wochen betragen.

Beweislast des Arbeitnehmers

Als Arbeitnehmer haben Sie die Beweislast für geleistete Überstunden. Sie sollten diese also unbedingt dokumentieren und wenn möglich von Ihrem Arbeitgeber abzeichnen lassen.

Achtung bei Aufhebungsverträgen

In einigen Fällen bieten Arbeitgeber anstelle der Kündigung einen Aufhebungsvertrag an. Besonders wenn noch Überstunden ausstehen, sollten Sie diesen aber nicht ohne einen Anwalt unterschreiben. Häufig sind Klauseln enthalten, die ausstehende Lohnforderungen ausschließen.

6. Fazit
  • Grundsätzlich sind Sie als Teilzeitkraft nicht zu Überstunden verpflichtet und können diese verweigern. Das gilt jedoch nicht, wenn der Arbeitsvertrag Überstunden festlegt oder eine Notsituation vorliegt.
  • Mit den Überstunden darf nicht die Maximalarbeitszeit von 48 Stunden/Woche überschritten werden.
  • Wenn Sie über längere Zeit regelmäßig Überstunden leisten, kann aus der Teilzeitstelle automatisch eine Vollzeitstelle werden.
  • Überstunden müssen vergütet oder durch zusätzliche Freizeit ausgeglichen werden. Für eine feste Anzahl von Überstunden kann im Arbeitsvertrag aber eine zusätzliche Vergütung ausgeschlossen werden.
  • Nach der Kündigung müssen ausstehende Gehaltsforderung aus Überstunden zügig geltend gemacht werden. Häufig legt der Arbeitsvertrag Ausschlussfristen fest.