Wenn Ihr Arbeitgeber Stellen abbaut, kann eine sogenannte Transfergesellschaft gegründet werden. Die Transfergesellschaft stellt eine Alternative zu betriebsbedingten Kündigungen dar. Dieser Beitrag erklärt, was eine Transfergesellschaft ist und welche Auswirkungen der Wechsel auf Ihre Abfindung hat.
Diesen Artikel hat Rechtsanwalt Dr. Hartmut Breuer für Sie verfasst. Er berät Arbeitnehmer zu allen Fragen des Arbeitsrechts in Berlin.
1. Was ist eine Transfergesellschaft?
Eine Transfergesellschaft ist ein eigenes Unternehmen, das vom Arbeitgeber in Abstimmung mit dem Betriebsrat gegründet wird. Dies erfolgt zum Beispiel in der Rechtsform der GmbH.
Manche Arbeitgeber gründen diese Gesellschaft selbst, andere arbeiten mit externen Transfergesellschaften zusammen und zahlen diesen entsprechend Geld für ihre Dienstleistungen.
Hintergrund ist meistens, dass ohne die Transfergesellschaft Kündigungen in großem Umfang nötig wären. Ziel des Ganzen ist es also, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden und den Jobwechsel der Arbeitnehmer zu unterstützen.
Der Fokus der Transfergesellschaft liegt daher auf Eingliederungs- und Fortbildungsmaßnahmen. Reguläre Arbeit verrichten Sie dort nicht.
Der Ablauf des Wechsels in eine Transfergesellschaft verläuft zweistufig:
- Ihr derzeitiges Arbeitsverhältnis wird mit einem Aufhebungsvertrag beendet.
- Sie schließen einen neuen Arbeitsvertrag mit der Transfergesellschaft, die dann Ihr Arbeitgeber ist.
Diese Schritte können auch in einem dreiseitigen Vertrag zusammengeführt werden. Dann wird ein Vertrag zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Transfergesellschaft geschlossen.
2. Muss ich in die Transfergesellschaft wechseln?
Der Wechsel in die Transfergesellschaft beginnt, wie oben beschrieben, zunächst mit einem Aufhebungsvertrag. Dieser beendet das alte Arbeitsverhältnis. Dabei handelt es sich um ein Angebot des Arbeitgebers, das Sie nicht annehmen müssen. Es steht Ihnen also frei, in die Transfergesellschaft zu wechseln oder nicht.
Sollten Sie sich dagegen entscheiden, droht aber in der Regel eine betriebsbedingte Kündigung. Dafür müssen die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen.
Gegen die Massenentlassung können Sie zwar klagen. Sollte die Kündigung aber Bestand haben, sind Sie arbeitslos. Der Wechsel in die Transfergesellschaft würde die Arbeitslosigkeit hingegen zumindest für einen bestimmten Zeitraum verhindern. Außerdem werden Sie – je nach Qualität der Transfergesellschaft – effektiv bei der Suche nach einer neuen Stelle und der Weiterbildung unterstützt. Allerdings ist der Wechsel nur noch schwerlich rückgängig zu machen.
Viele weitere Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle. Die genannten Folgen zeigen nur einen Ausschnitt der Dinge, die beachtet werden müssen. Im Einzelfall sollte daher ein Fachanwalt für Arbeitsrecht für Sie überprüfen, ob der Wechsel für Sie sinnvoll ist oder nicht. In der Regel muss das Wechselangebot des Arbeitgebers zu einem bestimmten Stichtag angenommen oder abgelehnt werden.
3. Wie sieht das neue Arbeitsverhältnis aus?
Ihr neues Arbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft ist nicht als einfache Fortsetzung des alten zu verstehen. Sie müssen bei der Transfergesellschaft in der Regel nicht arbeiten, der Vertrag sieht aber meistens die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen vor.
Sie haben dabei ganz normal Ansprüche auf Gehaltszahlungen, bezahlten Urlaub und Lohnfortzahlung bei Krankheit. Ihre Beschäftigung bei der Transfergesellschaft ist zudem befristet. Üblich ist es, dass das Arbeitsverhältnis bei der Transfergesellschaft mindestens einen Monat länger läuft, als Ihre normale Kündigungsfrist.
Beispiel: Wenn Ihre Kündigungsfrist nach § 622 BGB fünf Monate beträgt, wird das Arbeitsverhältnis bei der Transfergesellschaft auf sechs Monate befristet sein.
Es können aber auch längere Laufzeiten vereinbart werden. Maximal wird die Anstellung dort 12 Monate dauern, da nur solange das Transferkurzarbeitergeld gezahlt wird (mehr dazu unten).
Mit einem Wechsel zur Transfergesellschaft gewinnen Sie also etwas Zeit, um sich auf den Wiedereinstieg in einen neuen Job vorzubereiten. Dazu bieten die Weiterbildungsmaßnahmen die Möglichkeit, sich durch neue Qualifikationen für den Arbeitsmarkt interessant zu machen und Ihre Chancen zu erhöhen. Sollten Sie während der Anstellung zügig einen neuen Job finden, können Sie bei der Transfergesellschaft kündigen.
4. Was passiert mit meinem Abfindungsanspruch?
Eine wichtige Frage ist, was mit Ihrem Abfindungsanspruch passiert, wenn Sie in die Transfergesellschaft wechseln.
In größeren Unternehmen gibt es in der Regel Sozialpläne, die für den Fall betriebsbedingter Kündigungen die sozialen Folgen abfedern sollen. Sozialpläne werden zwischen Betriebsrat und Unternehmen ausgehandelt.
Die Vereinbarung enthält in der Regel auch eine Abfindung als Ausgleich für die Massenentlassung. Deren Höhe ist vor allem abhängig von Ihrem Alter und der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Auch weitere Faktoren wie eine Schwerbehinderung oder Unterhaltspflichten können die Höhe beeinflussen.
Das Wichtigste: Wenn Sie dem Wechsel in die Transfergesellschaft zustimmen, darf der Arbeitgeber deswegen die Abfindung nicht vollständig streichen.
Es kann aber sein, dass Sie bei dem Wechsel einen Verzicht auf einen Teil der Abfindung unterschreiben müssen. Daher sollten Sie gut beraten sein, bevor Sie sich entscheiden. Wenn Sie beispielsweise einen neuen Job in Aussicht haben, kann es vorteilhaft sein, die Kündigung in Kauf zu nehmen und dabei die höhere Abfindung einzustreichen. Das hängt im Einzelfall davon ab, wie hoch die Abfindung ursprünglich ist und auf welchen Anteil daran Sie bei einem Wechsel in die Transfergesellschaft verzichten müssten.
5. Was bedeutet die Transfergesellschaft für mein Gehalt und Arbeitslosengeld?
Als Arbeitnehmer bei einer Transfergesellschaft erhalten Sie das Gehalt nicht aus Mitteln Ihres Arbeitgebers. Vielmehr kommt die Agentur für Arbeit während Ihrer Beschäftigung bei der Transfergesellschaft für das sogenannte Transferkurzarbeitergeld auf. Dieses stellt den Großteil Ihres Gehalt dar.
In manchen Fällen stockt der Arbeitgeber noch etwas auf. Das Transferkurzarbeitergeld liegt in der Höhe bei 60% Ihres letzten Nettogehalts. Eltern mit mindestens einem Kind erhalten 67%.
Zudem sind Sie über die Transfergesellschaft sozialversichert. Auch die Weiterbildungsmaßnahmen werden je zur Hälfte von der Agentur für Arbeit und von Ihrem Arbeitgeber gezahlt.
Auch hier gilt: Bei Detailfragen lohnt es sich, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht einzubeziehen. Der kann Vor- und Nachteile am besten für Sie abwägen.
6. Fazit
- Zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen werden Transfergesellschaften gegründet, die Arbeitnehmer eine begrenzte Zeit weiterbeschäftigen. Dabei steht nicht die Arbeit, sondern Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen im Vordergrund.
- Wenn Ihnen nach dem Sozialplan bei betriebsbedingter Kündigung eine Abfindung zusteht, kann diese beim Wechsel in die Transfergesellschaft nicht komplett gestrichen werden.
- Für den Wechsel müssen Sie aber oftmals auf einen Anteil Ihrer Abfindung verzichten.
- Wenn Sie nicht wechseln, droht eine Kündigung. Dann steht Ihnen aber die „normale“ Abfindung des Sozialplans zu.
- In der Transfergesellschaft erhalten Sie Transferkurzarbeitergeld von der Agentur für Arbeit, das mindestens 60% des letzten Nettolohns beträgt. Sie sind weiterhin sozialversichert und auch die Weiterbildungsmaßnahmen werden übernommen.
- Wenn Sie nach der Anstellung der Transfergesellschaft noch keinen Job haben, haben sie ganz normal Ansprüche auf Arbeitslosengeld I. Diese richten sich aber nach Ihrem letzten Gehalt bei der Transfergesellschaft. Damit fallen die Ansprüche geringer aus als bei direkter Kündigung.