Wie viele Abmahnungen bis zur Kündigung: Arbeit
Im deutschen Arbeitsrecht existiert keine gesetzlich festgelegte Anzahl von Abmahnungen, die vor einer Kündigung ausgesprochen werden müssen. Entgegen der weit verbreiteten “Drei-Abmahnungen-Regel” hängt die erforderliche Anzahl vom Einzelfall ab – insbesondere von der Schwere des Verstoßes, der Position des Arbeitnehmers und der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Bei leichteren Verstößen wie gelegentlicher Unpünktlichkeit können mehrere Abmahnungen erforderlich sein, während bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen bereits nach einer einzelnen Abmahnung eine Kündigung möglich ist. Besonders gravierende Verstöße wie Diebstahl oder tätliche Angriffe können sogar ohne vorherige Abmahnung direkt zur Kündigung führen.
Eine wirksame Abmahnung muss formale Kriterien erfüllen: Sie sollte das konkrete Fehlverhalten präzise beschreiben, eine klare Aufforderung zur Verhaltensänderung enthalten und unmissverständlich auf mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen hinweisen. Beachtenswert ist zudem der zeitliche Aspekt: Mit zunehmendem Abstand verliert eine Abmahnung ihre kündigungsrechtliche Relevanz. Nach etwa 1-3 Jahren ohne weitere Vorfälle gilt eine Abmahnung in der Regel als “verbraucht” und kann nicht mehr als Grundlage für eine spätere Kündigung dienen. Arbeitnehmer sollten bei Erhalt einer Abmahnung nicht passiv bleiben, sondern diese prüfen und gegebenenfalls mit einer Gegenvorstellung reagieren, besonders wenn die Darstellung unzutreffend ist oder formale Fehler enthält. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht berate ich Sie diesbezüglich gerne im Detail.

Das Wichtigste im Überblick
- Es gibt keine gesetzlich festgelegte Anzahl von Abmahnungen, die einer verhaltens- oder leistungsbedingten Kündigung vorausgehen müssen – in bestimmten Fällen kann sogar eine einzige Abmahnung ausreichen.
- Eine wirksame Abmahnung muss formale Anforderungen erfüllen und eine eindeutige Warnfunktion enthalten, die auf eine mögliche Kündigung bei wiederholtem Fehlverhalten hinweist.
- Bei Erhalt einer Abmahnung sollten Arbeitnehmer diese umgehend prüfen, gegebenenfalls eine Gegendarstellung verfassen und rechtlichen Rat einholen, da Fristen zur Anfechtung bestehen können.
Die Abmahnung im Arbeitsrecht – Bedeutung und Relevanz
Haben Sie kürzlich eine Abmahnung erhalten und fragen sich, wie viele weitere folgen können, bevor eine Kündigung droht? Oder sind Sie unsicher, ob Ihr Arbeitgeber nach einer bestimmten Anzahl von Abmahnungen automatisch zur Kündigung berechtigt ist? Diese Fragen beschäftigen viele Arbeitnehmer in Deutschland.
Die Abmahnung stellt im deutschen Arbeitsrecht ein zentrales Instrument dar, das dem Arbeitgeber ermöglicht, auf Vertragsverletzungen des Arbeitnehmers zu reagieren. Sie erfüllt dabei mehrere wichtige Funktionen: Sie dokumentiert das beanstandete Verhalten, fordert den Arbeitnehmer zur Besserung auf und dient nicht zuletzt als Vorwarnung für mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung.
Entgegen einer weit verbreiteten Annahme gibt es jedoch keine festgelegte Anzahl von Abmahnungen, die vor einer Kündigung ausgesprochen werden müssen. Die rechtliche Situation ist deutlich komplexer und hängt von zahlreichen Faktoren ab – von der Schwere des Verstoßes über die Position des Arbeitnehmers bis hin zur bisherigen Dauer des Arbeitsverhältnisses.
Rechtliche Grundlagen der Abmahnung im Arbeitsrecht
Definition und Funktion der Abmahnung
Eine Abmahnung ist eine formelle Beanstandung eines vertragswidrigen Verhaltens durch den Arbeitgeber, verbunden mit der Aufforderung, dieses Verhalten künftig zu unterlassen. Im Gegensatz zur bloßen Ermahnung oder Kritik enthält sie einen deutlichen Hinweis auf arbeitsrechtliche Konsequenzen bei wiederholtem Fehlverhalten.
Die Abmahnung erfüllt dabei drei wesentliche Funktionen:
- Dokumentationsfunktion: Sie dokumentiert das beanstandete Verhalten konkret und präzise.
- Hinweisfunktion: Sie macht dem Arbeitnehmer sein Fehlverhalten bewusst.
- Warnfunktion: Sie kündigt arbeitsrechtliche Konsequenzen bei erneutem Fehlverhalten an.
Gerade die Warnfunktion ist für die spätere Wirksamkeit einer Kündigung entscheidend. Durch sie wird dem Arbeitnehmer verdeutlicht, dass sein Arbeitsverhältnis konkret gefährdet ist, falls er sein Verhalten nicht ändert.
Gesetzliche Verankerung und Rechtsprechung
Interessanterweise findet sich im Gesetz keine explizite Regelung zur Abmahnung oder zur Anzahl erforderlicher Abmahnungen vor einer Kündigung. Dennoch hat die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) die Abmahnung als wesentlichen Bestandteil des Kündigungsrechts entwickelt.
Die grundlegende Norm für Kündigungen ist § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG), wonach eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss. Bei verhaltensbedingten Kündigungen hat das BAG das Erfordernis einer vorherigen Abmahnung aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Prognoseprinzip abgeleitet.
Formelle Anforderungen an eine wirksame Abmahnung
Damit eine Abmahnung ihre Wirkung entfalten kann und später als Grundlage für eine Kündigung dienen kann, muss sie bestimmte formelle Anforderungen erfüllen:
- Schriftform: Obwohl gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben, ist die Schriftform empfehlenswert, um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden.
- Konkrete Beschreibung des Fehlverhaltens: Das beanstandete Verhalten muss präzise beschrieben werden – mit Datum, Uhrzeit und genauen Umständen.
- Deutliche Aufforderung zur Verhaltensänderung: Die Erwartung des Arbeitgebers an das künftige Verhalten muss klar formuliert sein.
- Unmissverständliche Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen: Es muss deutlich werden, dass bei erneutem Fehlverhalten arbeitsrechtliche Maßnahmen bis hin zur Kündigung drohen.
Fehlt einer dieser Punkte, kann die Wirksamkeit der Abmahnung in Frage gestellt werden. Besonders wichtig ist die Warnfunktion: Wird nicht klar auf mögliche Konsequenzen hingewiesen, verliert die Abmahnung ihren Charakter als Vorstufe zur Kündigung.
Wie viele Abmahnungen sind vor einer Kündigung erforderlich?
Der Grundsatz: Keine feste Anzahl
Eine der häufigsten Missverständnisse im Arbeitsrecht ist die Annahme, dass eine bestimmte Anzahl von Abmahnungen (oft wird von drei ausgegangen) erforderlich sei, bevor eine Kündigung ausgesprochen werden kann. Tatsächlich gibt es keine gesetzlich festgelegte Anzahl.
Das Bundesarbeitsgericht hat wiederholt klargestellt, dass die Erforderlichkeit einer oder mehrerer Abmahnungen vom Einzelfall abhängt. Entscheidend sind dabei:
- Die Art und Schwere des Verstoßes
- Die Position und Verantwortung des Arbeitnehmers
- Die Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Das bisherige Verhalten des Arbeitnehmers
- Die Prognose für zukünftiges Verhalten
In manchen Fällen kann bereits eine einzige Abmahnung ausreichen, in anderen Fällen können mehrere Abmahnungen erforderlich sein, bevor eine Kündigung gerechtfertigt ist.
Wann kann eine einzige Abmahnung ausreichen?
Eine einzige Abmahnung kann ausreichen, wenn:
- Der Verstoß erheblich ist: Bei schwerwiegenden Verstößen gegen arbeitsvertragliche Pflichten, die jedoch noch nicht so gravierend sind, dass sie eine fristlose Kündigung rechtfertigen würden.
- Die Abmahnung eindeutig und umfassend ist: Sie muss das Fehlverhalten präzise beschreiben und unmissverständlich auf die Kündigungsmöglichkeit hinweisen.
- Der gleiche Pflichtverstoß wird wiederholt: Wenn genau das in der Abmahnung gerügte Verhalten erneut auftritt.
Wann sind mehrere Abmahnungen erforderlich?
Mehrere Abmahnungen können erforderlich sein, wenn:
- Es sich um leichtere Verstöße handelt: Bei geringfügigen Pflichtverletzungen ist eine höhere Anzahl von Abmahnungen angemessen.
- Unterschiedliche Pflichtverletzungen vorliegen: Für verschiedenartige Verstöße können separate Abmahnungen erforderlich sein.
- Längere Zeit zwischen den Verstößen liegt: Die “erziehende” Wirkung der Abmahnung kann mit der Zeit nachlassen.
- Besondere Umstände vorliegen: Lange Betriebszugehörigkeit oder bisher tadellose Führung können mehrere Abmahnungen erforderlich machen.
Wann ist keine Abmahnung erforderlich?
In bestimmten Fällen kann eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein:
- Bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen: z.B. Diebstahl, tätliche Angriffe, schwere Beleidigungen oder Arbeitszeitbetrug in erheblichem Umfang.
- Bei eindeutig vorsätzlichem Handeln: Wenn der Arbeitnehmer bewusst gegen zentrale Pflichten verstößt.
- Bei fehlender Besserungsprognose: Wenn von vornherein klar ist, dass der Arbeitnehmer sein Verhalten nicht ändern wird oder kann.
- Bei Straftaten im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis: Hier kann oft direkt eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein.
Sie haben eine Abmahnung erhalten und sind unsicher über Ihre rechtliche Situation?Unsere spezialisierten Arbeitsrechtsanwälte beraten Sie gerne in einem kostenfreien Erstgespräch zu Ihren Handlungsmöglichkeiten.
Die Abmahnung
Unterschiedliche Arten von Abmahnungsgründen
Die Gründe für Abmahnungen lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen, die für die Bewertung der Kündigungsrelevanz bedeutsam sind:
Leistungsbezogene Gründe
- Schlechtleistung oder Minderleistung
- Häufige Fehler bei der Arbeitsausführung
- Nichterreichen vereinbarter Arbeitsziele
Bei leistungsbezogenen Gründen sind in der Regel mehrere Abmahnungen erforderlich, da hier oft ein Entwicklungs- und Lernprozess stattfinden muss. Das BAG fordert hier eine ausreichende Anzahl von Abmahnungen, die dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben, seine Leistung zu verbessern.
Verhaltensbezogene Gründe
- Unpünktlichkeit und unentschuldigtes Fehlen
- Verweigerung angewiesener Arbeiten
- Beleidigungen oder respektloses Verhalten
- Verstoß gegen Arbeitsschutzvorschriften
Bei verhaltensbezogenen Gründen kommt es stark auf die Schwere des Verstoßes an. Während bei leichteren Verstößen (wie gelegentlicher Unpünktlichkeit) mehrere Abmahnungen üblich sind, kann bei schweren Verstößen (wie Arbeitsverweigerung) bereits nach einer Abmahnung gekündigt werden.
Compliance-Verstöße
- Verstoß gegen Datenschutzrichtlinien
- Missachtung von Compliance-Regelungen
- Verstoß gegen IT-Sicherheitsrichtlinien
Bei Compliance-Verstößen spielt die Position des Arbeitnehmers eine besondere Rolle. Von Führungskräften und Mitarbeitern in sensiblen Bereichen wird ein höheres Maß an Regelkonformität erwartet, wodurch bereits ein einmaliger Verstoß nach einer Abmahnung zur Kündigung führen kann.
Zeitlicher Zusammenhang zwischen Abmahnungen und Kündigung
Ein wichtiger Aspekt, der oft übersehen wird, ist der zeitliche Zusammenhang zwischen Abmahnungen und einer darauf gestützten Kündigung:
Aktualität der Abmahnung
Eine Abmahnung muss aktuell sein, um ihre Warnfunktion zu erfüllen. Mit zunehmendem zeitlichen Abstand verliert sie an Gewicht. In der Rechtsprechung wird oft ein Zeitraum von 1-2 Jahren als Orientierung genannt, nach dem eine Abmahnung in der Regel ihre kündigungsrechtliche Relevanz verliert.
Wiederholungszusammenhang
Zwischen der abgemahnten Pflichtverletzung und dem späteren kündigungsrelevanten Verhalten sollte ein sachlicher Zusammenhang bestehen. Eine Abmahnung wegen Unpünktlichkeit hat beispielsweise wenig Gewicht für eine spätere Kündigung wegen Arbeitsverweigerung.
Reaktionszeit des Arbeitgebers
Reagiert der Arbeitgeber auf einen Pflichtverstoß erst nach längerer Zeit mit einer Abmahnung, kann dies ihre Wirksamkeit beeinträchtigen. Das BAG geht davon aus, dass eine Abmahnung zeitnah zum Pflichtverstoß erfolgen sollte.
Abmahnungen in besonderen Arbeitsverhältnissen
Die Anforderungen an Abmahnungen und ihre Relevanz für Kündigungen können in besonderen Arbeitsverhältnissen variieren:
Führungskräfte und leitende Angestellte
Bei Führungskräften werden oft höhere Anforderungen an die Vertragstreue gestellt. Das kann bedeuten, dass bereits nach einer Abmahnung eine Kündigung gerechtfertigt sein kann, insbesondere wenn Vorbildfunktion und Vertrauen beeinträchtigt sind.
Auszubildende
Bei Auszubildenden besteht ein besonderes Lehr- und Lernverhältnis. Hier sind in der Regel mehrere Abmahnungen erforderlich, bevor eine Kündigung in Betracht kommt, da der Ausbildungszweck im Vordergrund steht.
Arbeitnehmer in der Probezeit
In der Probezeit gelten erleichterte Kündigungsbedingungen. Dennoch kann auch hier eine Abmahnung vor einer verhaltensbedingten Kündigung erforderlich sein, wenn dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Verhaltensänderung gegeben werden soll.
Praktische Tipps für betroffene Arbeitnehmer
Wenn Sie als Arbeitnehmer eine Abmahnung erhalten, sollten Sie folgende Schritte beachten:
- Ruhe bewahren: Reagieren Sie nicht emotional oder überstürzt. Eine sachliche Herangehensweise ist wichtig.
- Abmahnung sorgfältig prüfen: Analysieren Sie den Inhalt auf sachliche Richtigkeit und formale Korrektheit. Enthält die Abmahnung alle notwendigen Elemente?
- Beweise sichern: Dokumentieren Sie alle Fakten, die Ihre Sicht der Dinge stützen können. Sammeln Sie E-Mails, Zeugenaussagen oder andere relevante Unterlagen.
- Gegendarstellung erwägen: Verfassen Sie eine sachliche Stellungnahme, in der Sie Ihre Sicht darlegen. Diese wird zur Personalakte genommen und kann bei späteren Auseinandersetzungen wichtig sein.
- Gespräch suchen: Manchmal kann ein klärendes Gespräch mit dem Vorgesetzten oder der Personalabteilung helfen, Missverständnisse auszuräumen.
- Rechtliche Beratung einholen: Bei ungerechtfertigten oder zweifelhaften Abmahnungen sollten Sie frühzeitig rechtlichen Rat einholen, um Ihre Optionen zu kennen.
Möglichkeiten, gegen eine Abmahnung vorzugehen
Gegen eine ungerechtfertigte Abmahnung können Sie verschiedene Schritte unternehmen:
- Entfernung aus der Personalakte verlangen: Bei sachlich unrichtigen oder formell fehlerhaften Abmahnungen können Sie die Entfernung aus der Personalakte fordern.
- Gegenvorstellung einreichen: Mit einer Gegenvorstellung dokumentieren Sie Ihre abweichende Sichtweise, die ebenfalls zur Personalakte genommen werden muss.
- Negative Feststellungsklage: In besonderen Fällen kann eine Klage erhoben werden, mit der festgestellt wird, dass die abgemahnte Pflichtverletzung nicht vorlag.
- Betriebsrat oder Gewerkschaft einschalten: Diese können vermittelnd tätig werden und auf Missstände hinweisen.
- Bei mehreren Abmahnungen: Präventiv handeln: Wenn sich Abmahnungen häufen, sollten Sie proaktiv Maßnahmen ergreifen, um eine drohende Kündigung abzuwenden, beispielsweise durch das Anbieten von Konfliktgesprächen oder Fortbildungen.
Verhandlungsstrategien nach wiederholten Abmahnungen
Wenn bereits mehrere Abmahnungen vorliegen und eine Kündigung im Raum steht, können folgende Strategien hilfreich sein:
- Aufhebungsvertrag mit Abfindung verhandeln: Manchmal ist ein einvernehmliches Ende des Arbeitsverhältnisses mit einer angemessenen Abfindung für beide Seiten die beste Lösung.
- Versetzung innerhalb des Unternehmens anregen: Ein Wechsel des Arbeitsumfeldes kann manchmal Probleme lösen, die zu den Abmahnungen geführt haben.
- Bewährungsvereinbarung vorschlagen: Eine schriftliche Vereinbarung, in der Sie sich zu konkreten Verbesserungen verpflichten, kann eine Alternative zur Kündigung sein.
- Mediation oder Coaching anbieten: Das Angebot, an einem Mediationsverfahren teilzunehmen oder ein Coaching zu absolvieren, kann Ihre Bereitschaft zur Problemlösung demonstrieren.
- Ärztliche Atteste bei gesundheitlichen Problemen: Wenn gesundheitliche Gründe für die abgemahnten Probleme mitverantwortlich sind, können ärztliche Nachweise helfen, die Situation zu klären.
Checkliste: Prüfung einer erhaltenen Abmahnung
Formale Aspekte
- Ist der Absender zur Abmahnung berechtigt? (Geschäftsführer, Vorgesetzter, Personalabteilung)
- Ist die Abmahnung hinreichend konkret formuliert? (Datum, Uhrzeit, genaue Beschreibung des Vorfalls)
- Enthält die Abmahnung eine eindeutige Kündigungsandrohung für den Wiederholungsfall?
- Wurde die Abmahnung zeitnah nach dem Vorfall ausgesprochen?
Inhaltliche Aspekte
- Entsprechen die geschilderten Tatsachen der Wahrheit?
- War das beanstandete Verhalten tatsächlich pflichtwidrig?
- Wurde das Verhalten schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) begangen?
- Ist die Schwere des Vorwurfs angemessen dargestellt?
Reaktionsmöglichkeiten
- Gegenvorstellung formulieren (innerhalb von 1-2 Wochen)
- Entfernung aus der Personalakte fordern (bei unwirksamer Abmahnung)
- Rechtliche Beratung einholen
- Gespräch mit Vorgesetzten oder Personalabteilung suchen
- Bei Wiederholungsgefahr: Konkrete Maßnahmen zur Vermeidung planen
Dokumentation
- Kopie der Abmahnung und aller Reaktionen aufbewahren
- Eigene Darstellung des Vorfalls schriftlich festhalten
- Beweise sichern (E-Mails, Zeugen, Fotos etc.)
- Eigene Bemühungen zur Abhilfe dokumentieren
Rechtssicherheit durch Kenntnis der Regeln
Die Frage “Wie viele Abmahnungen bis zur Kündigung?” lässt sich nicht pauschal beantworten. Es gibt keine gesetzlich festgelegte Anzahl, die einen Arbeitgeber automatisch zur Kündigung berechtigt oder verpflichtet. Stattdessen kommt es auf die individuellen Umstände des Einzelfalls an – die Schwere der Pflichtverletzung, die Position des Arbeitnehmers, die bisherige Dauer des Arbeitsverhältnisses und viele weitere Faktoren.
Als Arbeitnehmer ist es wichtig, die rechtlichen Grundlagen zu kennen und bei Erhalt einer Abmahnung besonnen zu reagieren. Eine Abmahnung ist ein ernstes Signal, dass das Arbeitsverhältnis gefährdet sein könnte, bietet aber gleichzeitig die Chance, das beanstandete Verhalten zu korrigieren und das Arbeitsverhältnis zu retten.
Besonders wichtig ist das Wissen, dass Abmahnungen nach einem gewissen Zeitraum an Relevanz verlieren können und dass nicht jede Pflichtverletzung automatisch abgemahnt werden muss. Zudem haben Sie als Arbeitnehmer das Recht, gegen ungerechtfertigte Abmahnungen vorzugehen und Ihre Sicht der Dinge darzulegen.