ARBEITSRECHT

Aufhebungsvertrag abgelehnt, dann Kündigung erhalten – was nun?

Ihr Arbeitgeber hat Ihnen einen Aufhebungsvertrag angeboten. Sie haben abgelehnt und nun eine Kündigung erhalten? Wir erklären Ihnen, wie Sie jetzt am besten vorgehen.

Autor dieses Beitrags ist Rechtsanwalt Dr. Breuer. Er ist als Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin tätig.

Aufhebungsvertrag abgelehnt, dann Kündigung erhalten – was nun?

1. Was ist besser: Aufhebungsvertrag oder Kündigung?

Wenn der Arbeitgeber Ihnen mittlerweile gekündigt hat, gelten für Sie die Wirkungen der Kündigung. Der abgelehnte Aufhebungsvertrag spielt für Sie keine Rolle mehr.
Nun fragen Sie sich, ob Sie den Aufhebungsvertrag besser nicht abgelehnt hätten? Ob die Kündigung oder der Aufhebungsvertrag besser für Sie gewesen wäre, hängt vom Einzelfall ab:

Vorteile einer Kündigung

Der Aufhebungsvertrag ist nicht immer die bessere Wahl für Sie als Arbeitnehmer. Die Kündigung hat gegenüber dem Aufhebungsvertrag einige Vorteile:
  • Gerichtliche Überprüfung

So können Sie eine Kündigung gerichtlich überprüfen lassen. Das ist beim Aufhebungsvertrag fast nie möglich. Wenn Sie rechtzeitig Kündigungsschutzklage gegen die Entlassung erheben, prüft das Arbeitsgericht genau, ob der Arbeitgeber Ihnen wirklich kündigen durfte.

Im besten Fall muss der Arbeitgeber Sie wiedereinstellen und die Kündigung ist aus der Welt. In vielen Fällen ist der Druck auf den Arbeitgeber so hoch, dass er Ihnen im Prozess eine Abfindung anbietet und Sie sich deshalb zu attraktiven Bedingungen auf die Beendigung Ihres Arbeitsvertrags einigen.

Übrigens: Wenn Sie die Kündigungsschutzklage gewinnen, muss der Arbeitgeber Sie für die gesamte Prozessdauer nachbezahlen – auch wenn Sie nicht mehr gearbeitet haben. Anderweitigen Verdienst müssen Sie sich anrechnen lassen. Eventuell können Sie sogar während der Kündigungsschutzklage Lohnfortzahlung verlangen.

Mehr dazu: Wie läuft eine Kündigungsschutzklage ab?

  • Geringere Risiken für das Arbeitslosengeld

Bei einer Kündigung sind außerdem die Risiken für Ihr Arbeitslosengeld geringer. Nach einem Aufhebungsvertrag wird nämlich oft eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld I verhängt (§ 159 Abs. 1 SGB III). Sie erhalten dann meist für die Dauer von 12 Wochen keine Leistungen von der Arbeitsagentur. Die abgezogene Zeit wird auch nicht am Ende hinzugefügt, sondern ist „verloren“.

Nach einer betriebs- oder personenbedingten Kündigung droht Ihnen eine solche Sperrzeit nicht. Einzig bei einer verhaltensbedingten oder einer fristlosen Kündigung kommt eine Sperrzeit in Betracht, kann aber ggf. durch eine Einigung vor Gericht vermieden werden.

  • Ansprüche gehen nicht verloren

Gefahren kann ein Aufhebungsvertrag für Arbeitnehmer zudem durch sogenannte Erledigungsklauseln bergen. Diese bestimmen, dass durch den Aufhebungsvertrag sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis abgegolten sind. Sie können vom Arbeitgeber also nichts mehr verlangen (z.B. offenen Lohn oder Urlaubsabgeltung).

Eine solche Klausel sollten Sie nur nach einer sorgfältigen Prüfung aller noch bestehenden Ansprüche unterschreiben.

Vorteile eines Aufhebungsvertrags

In manchen Situationen kann ein Aufhebungsvertrag für beide Seiten eine bessere Lösung bieten. Dies liegt an diesen Vorteilen:
  • Sofortige Rechtssicherheit

Nach einem Aufhebungsvertrag sind die Verhältnisse sofort klar. Das Arbeitsverhältnis endet und Sie erhalten Ihre Abfindung. Ein Gerichtsverfahren kommt in aller Regel nicht in Betracht. Einige Mandanten empfinden dies als nervenschonender und angenehmer.

  • Abfindung sicher

Wenn Sie einem Aufhebungsvertrag zustimmen, ist Ihnen die darin vereinbarte Abfindung sicher. Warten Sie hingegen die Kündigung ab, müssen Sie eine Abfindung erst noch aushandeln – mit offenem Ergebnis. Sie gehen also das Risiko ein, leer auszugehen. Wie hoch diese Gefahr ist, hängt davon ab, wie gut Ihre Kündigung begründet werden kann.

  • Flexibilität

In einem Aufhebungsvertrag können Sie mit dem Arbeitgeber flexibel das Datum Ihres Ausstiegs bestimmen.

Einer kürzeren Frist als Ihrer Kündigungsfrist sollten Sie aber nur zustimmen, wenn Sie nahtlos in einen neuen Job wechseln. Sonst drohen Komplikationen beim Arbeitslosengeld und der Krankenversicherung (sog. Ruhenszeit gem. § 158 SGB III).

Darüber hinaus können zahlreiche weitere Vereinbarungen getroffen werden. Üblich sind hier etwa folgende Punkte:

  • Vereinbarungen über den Inhalt des Arbeitszeugnisses.
  • Die unwiderrufliche Freistellung des Arbeitnehmers bei fortlaufender Bezahlung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
  • Klarstellung über geleistete Überstunden und den verbleibenden Resturlaub.
  • Fristlose Kündigung vermeiden

Durch einen Aufhebungsvertrag lässt sich außerdem eine fristlose Kündigung im Lebenslauf verbergen. Sofern eine fristlose Kündigung also wahrscheinlich wirksam wäre, ist der Abschluss eines Aufhebungsvertrages in der Regel zu empfehlen.

2. Aufhebungsvertrag abgelehnt – was droht nun? Was sollte ich nun tun?

Wenn Sie einen Aufhebungsvertrag gegenüber Ihrem Arbeitgeber bereits abgelehnt haben, sind mehrere Reaktionen Ihres Arbeitgebers denkbar:

Arbeitgeber kündigt

Denkbar ist insbesondere, dass der Arbeitgeber eine Kündigung ausspricht (oder dies bereits getan hat).

Sie sollten nach Zugang der Kündigung schnell handeln, da die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage nur drei Wochen beträgt. Wir empfehlen dringend, einen Anwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen.

Zudem sollten Sie sich sofort bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend melden. Bei einer Kündigungsfrist von weniger als drei Monaten muss die Meldung innerhalb von drei Tagen erfolgen (§ 38 Abs. 1 SGB III). Erfolgt die Meldung nicht rechtzeitig, droht eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld I.

Arbeitgeber bleibt untätig

Sofern die Erfolgsaussichten einer Kündigung ohnehin gering waren, wird der Arbeitgeber möglicherweise keine weiteren Schritte ergreifen. Ihr Arbeitsverhältnis läuft dann unverändert weiter.

Wenn der Aufhebungsvertrag wegen eines Verhaltensvorwurfs angeboten wurde, schreiben Sie Ihre Erinnerungen an den Vorwurf nieder. Bitten Sie vertraute Kollegen, dasselbe zu tun. So verbessern Sie Ihre Beweislage, wenn der Arbeitgeber später doch kündigt.

Jedenfalls sollten Sie bedenken, dass Ihr Arbeitgeber offensichtlich an einer Beendigung interessiert ist. Es ist also ratsam, sich keine Pflichtverletzungen zu erlauben.

3. Darf der Arbeitgeber jetzt überhaupt kündigen?

Die Ablehnung eines Aufhebungsvertrags stellt keinen Kündigungsgrund dar. Denn schließlich besteht keine Pflicht, an der Beendigung des eigenen Arbeitsverhältnisses mitzuwirken.

Wenn jedoch ein verhaltens-, betriebs- oder personenbedingter Kündigungsgrund vorliegt, ist es möglich, dass der Arbeitgeber nun die Kündigung ausspricht.

Aufgrund des hohen Kündigungsschutzes sind viele Kündigungen allerdings rechtswidrig. Oft bestehen also gute Chancen, erfolgreich gegen die Kündigung vorzugehen. Sie haben dann gute Chancen, Ihre Stelle zu retten oder eine attraktive Abfindung zu erhalten.

Um zu beurteilen, wie hoch die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage sind, empfiehlt es sich, frühzeitig einen Anwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren. Dieser kann alle Besonderheiten des Einzelfalls in die Bewertung einbeziehen und Sie effektiv gegen die Kündigung verteidigen.

4. Erhalte ich auch nach der Kündigung eine Abfindung?

Ein Aufhebungsvertrag erscheint gerade wegen seiner Abfindung attraktiv. Aber auch nach einer Kündigung ist eine Abfindung alles andere als ausgeschlossen.

Ein Anspruch auf eine Abfindung besteht allenfalls nach einer betriebsbedingten Kündigung. Das ist der Fall, wenn der Arbeitgeber bereits im Kündigungsschreiben eine Abfindung anbietet oder mit dem Betriebsrat einen Sozialplan ausgehandelt hat.

In aller Regel müssen Sie für eine Abfindung verhandeln. Das funktioniert oft wie folgt:

  • Sie erheben Klage gegen die Kündigung. Dafür haben Sie ab Zugang der Kündigung nur drei Wochen Zeit.
  • Vor Gericht verhandeln Sie mit Ihrem Arbeitgeber darüber, dass Sie die Kündigung akzeptieren und im Gegenzug eine Abfindung erhalten.
  • Wenn beide Parteien zustimmen, endet das Gerichtsverfahren, Ihr Arbeitsvertrag ist beendet und Sie erhalten die vereinbarte Abfindung.

Statistisch wurden 2022 circa 64 % aller arbeitsgerichtlichen Verfahren durch eine gerichtliche Einigung (Vergleich) beendet.

Warum stimmt der Arbeitgeber denn einer Abfindung zu?

Für ihn besteht das große Risiko, dass das Gericht die Kündigung für unwirksam hält. Dann müsste der Arbeitgeber Sie wieder einstellen und Sie für die gesamte Prozessdauer nachbezahlen. Dieses Risiko wollen die meisten Arbeitgeber vermeiden.

Wie hoch wird die Abfindung?

Das hängt von Ihren Verhandlungen ab. Der Betrag wird umso höher ausfallen, je eher das Gericht Ihnen Recht geben wird. Das heißt: Je offensichtlicher die Kündigung rechtswidrig ist, desto höhere Beträge können Sie verlangen.

Die Standardformel lautet: 0,5 Bruttomonatsgehälter x Anzahl der Beschäftigungsjahre.

Beispiel: Sie verdienten zuletzt 8.000 € brutto monatlich. Ihre Abfindung nach 20 Jahren Betriebszugehörigkeit würde nach der Faustformel also 80.000 € betragen.

 In vielen Fällen ist aber eine höhere Abfindung möglich. 

Für Geschäftsführer gelten andere Maßstäbe. Die Abfindung eines Geschäftsführers bemisst sich meist nach der verbleibenden Restlaufzeit des Anstellungsvertrags.

5. Kann ich meine Ablehnung rückgängig machen?

Sie möchten nun doch einen Aufhebungsvertrag abschließen? Nach Ihrer Ablehnung des Aufhebungsvertrages ist es nicht mehr möglich, das Angebot des Arbeitgebers rechtsverbindlich anzunehmen. Das Angebot des Arbeitgebers ist vielmehr durch Ihre Ablehnung „verbraucht“.

Neuen Aufhebungsvertrag anbieten

Selbstverständlich können Sie dem Arbeitgeber aber ein neues Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags unterbreiten. Bereits an dieser Stelle kann es sinnvoll – und letztendlich auch kostensparend – sein, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht einzuschalten.

Seien Sie vorsichtig: Wenn Sie selbst den Aufhebungsvertrag anbieten, ist Ihre Verhandlungssituation geschwächt.

Abwicklungsvertrag abschließen

Sofern nach Ablehnung des Aufhebungsvertrags die Kündigung bereits ausgesprochen wurde, ist der Abschluss eines sogenannten Abwicklungsvertrags denkbar.

Dieser hebt nicht das Arbeitsverhältnis auf. Das geschieht bereits durch die Kündigung. Der Abwicklungsvertrag regelt aber die Details der Kündigungsfolgen.

Die Wirkung entspricht ungefähr dem eines Aufhebungsvertrags. So können Sie auch hier eine Abfindung aushandeln. Im Gegenzug verzichten Sie auf eine Kündigungsschutzklage.

Allerdings ist es auch hier dringend zu empfehlen, sich kompetenten Rat von einem Anwalt für Arbeitsrecht zu holen. Dieser kann die Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage einschätzen und eine erfolgreiche Verhandlungsstrategie entwickeln. 

6. Fazit

  • Eine Kündigung ist für Arbeitnehmer oft die bessere Wahl. Ob die Kündigung oder der Aufhebungsvertrag vorteilhafter ist, hängt vom Einzelfall ab.
  • Auch nach einer Kündigung ist meist eine Abfindung möglich.
  • Wenn Sie einen Aufhebungsvertrag abgelehnt haben, wird der Arbeitgeber womöglich bald kündigen. Sobald Sie die Kündigung erhalten, haben Sie nur drei Wochen Zeit, um Klage zu erheben.
  • In vielen Fällen darf der Arbeitgeber nicht einseitig kündigen. Er benötigt grundsätzlich einen Kündigungsgrund.
  • Wenn Sie den abgelehnten Aufhebungsvertrag nun doch wollen, können Sie Ihrem Arbeitgeber ein entsprechendes Angebot machen – auch noch nach der Kündigung. Sie sollten allerdings taktisch vorgehen.