ARBEITSRECHT

Kündigungsschutz von Geschäftsführern in Kleinbetrieben

Geschäftsführer genießen oft ein besseres Gehalt und mehr Vorzüge als Arbeitnehmer. Im Gegenzug sind sie gegen Kündigungen meist schlechter geschützt.

Ob und welchen Kündigungsschutz Geschäftsführer in Kleinbetrieben genießen, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Diesen Beitrag hat Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Harmut Breuer verfasst. Er berät zum Arbeitsrecht in Berlin.

Wie sind Geschäftsführer im Kleinbetrieb vor einer Kündigung geschützt?

Leerraum

1. 10 Mitarbeiter oder weniger – gewöhnlicher Kündigungsschutz für Geschäftsführer

Die Kündigung von Arbeitnehmern wird durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) erschwert. Dieser „allgemeine Kündigungsschutz“ fordert, dass der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer nur dann kündigt, wenn er auch einen Kündigungsgrund hat.

Geschäftsführer gelten grundsätzlich aber nicht als Arbeitnehmer, sodass das KSchG für sie nicht gilt. Sie sind nur dann ausnahmsweise Arbeitnehmer, wenn sie besonders weisungsabhängig sind. Praktisch ist das aber nur äußert selten der Fall. Selbst wenn der Geschäftsführer im konkreten Einzelfall als Arbeitnehmer einzustufen ist, gilt für ihn gemäß § 14 KSchG der allgemeine Kündigungsschutz trotzdem nicht. Geschäftsführer sind daher meist deutlich schlechter vor Kündigungen geschützt als Arbeitnehmer.

Gerade in Kleinbetrieben spielt das jedoch nur eine geringe Rolle. Denn in Betrieben mit zehn oder weniger Arbeitnehmern findet das KSchG keine Anwendung (§ 23 I KSchG). Der Arbeitgeber soll in solch kleinen Betrieben frei agieren können und braucht daher keinen Kündigungsgrund – egal ob er einen Geschäftsführer oder Arbeitnehmer entlassen möchte.

Während es für den Kündigungsschutz von Arbeitnehmern also wichtig ist, ob sie im Kleinbetrieb oder in größeren Betrieben arbeiten, spielt die Mitarbeiterzahl aus dem Kündigungsschutzgesetz für den Geschäftsführer keine Rolle. Er genießt fast nie den allgemeinen Kündigungsschutz.

2. Welchen Kündigungsschutz haben Geschäftsführer im Kleinbetrieb?

Der Geschäftsführer kann sich also weder im Kleinbetrieb noch in größeren Betrieben auf das KSchG berufen. Für die Kündigung eines Geschäftsführers im Kleinbetrieb ist daher kein Kündigungsgrund erforderlich.

Beispiel: Geschäftsführer G leitet die X-GmbH ohne Beanstandungen. Die Gesellschafter möchten jedoch spontan einen neuen Geschäftsführer einstellen und den G entlassen. Dieses Vorgehen ist auch grundsätzlich möglich. Denn während ein Arbeitnehmer nur entlassen werden kann, wenn ein Kündigungsgrund vorliegt, gilt diese Einschränkung bei Geschäftsführern nicht.

In einigen Fällen ist die Kündigung des Geschäftsführers jedoch erschwert:

  • Der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers ist befristet. Eine ordentliche Kündigung ist dann grundsätzlich ausgeschlossen.
  • Der Geschäftsführer war ausnahmsweise doch ein Arbeitnehmer. Nun sind einige Besonderheiten zu beachten. Er genießt Kündigungsschutz, wenn er vor der Kündigung abberufen wurde (s.u.).
  • Arbeitgeber und Geschäftsführer haben Kündigungsschutz vereinbart.

Aber Achtung:  Ist der Vertrag auf über fünf Jahre befristet, kann der Vertrag nach Ablauf von fünf Jahren gekündigt werden (§ 624 BGB). Auch vereinbaren GmbH und Geschäftsführer oft zusätzliche Kündigungsmöglichkeiten. Zudem bleibt eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund immer möglich. Dazu unten mehr.

3. Wie unterscheiden sich Kündigung und Abberufung?

Ein Geschäftsführer ist grundsätzlich auf zwei Arten mit der GmbH verbunden:
  • Er ist durch einen Anstellungsvertrag dienstverpflichtet oder ausnahmsweise als Arbeitnehmer beschäftigt.
  • Er wird als vertretungsberechtigtes Organ der Gesellschaft durch die Gesellschafterversammlung berufen.

Beide Stellungen sind grundsätzlich unabhängig voneinander. Eine Kündigung des Anstellungsvertrages führt daher noch nicht zum Verlust der Organstellung als Geschäftsführer. Zu diesem Zweck muss der Geschäftsführer zusätzlich von der Gesellschafterversammlung abberufen werden. Erst dadurch verliert er seine Organstellung in der GmbH und hat keine organschaftlichen Rechte und Pflichten, wie beispielsweise die Vertretung der GmbH, mehr.

Oft werden Organstellung und Anstellungsvertrag per Koppelungsklausel miteinander verbunden. Entfällt das eine, soll automatisch auch das andere entfallen. Solche Klauseln sind aber nicht immer wirksam.

4. Erhalten Geschäftsführer im Kleinbetrieb eine Abfindung?

Kündigungen laufen oft nicht reibungslos ab. Das gilt erst recht für die Kündigung eines gutbezahlten Geschäftsführers. Um einen Prozess zu vermeiden oder jedenfalls zu verkürzen, kann eine Abfindung interessant sein.

Grundsätzlich hat aber auch ein Geschäftsführer keinen Anspruch auf eine Abfindung. Anders sieht es nur aus, wenn im Anstellungsvertrag für den Fall der Kündigung eine Abfindung vereinbart wurde. In den übrigen Fällen liegt es im Ermessen der GmbH, ob sie ihrem Geschäftsführer eine Abfindung anbietet. Oft kommt es hier vor allem auf Verhandlungsgeschick und Erfahrung an. Die Hilfe eines fachkundigen Anwalts kann sich daher auszahlen.

In folgenden Fällen kann meist eine Abfindung ausgehandelt werden:

  • Der Geschäftsführer klagt gegen seine Abfindung und es droht ein langer Gerichtsprozess.
  • Die GmbH möchte von Anfang an eine Klage vermeiden und ist daher zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags mit Abfindungsklausel bereit.
  • Die GmbH möchte einen befristeten Vertrag vorzeitig aufheben.

Die Chancen auf eine Abfindung steigen enorm, wenn ein langwieriger und kostenintensiver Prozess droht. Je schwerer der Geschäftsführer zu kündigen ist, desto besser stehen die Chancen auf eine Abfindung. Denn oft wird es für die GmbH günstiger sein, eine Abfindung zu zahlen, als sich auf einen Gerichtsprozess mit unbekannten Erfolgsaussichten einzulassen.

5. Ist die fristlose Kündigung eines Geschäftsführers möglich?

Eine außerordentliche Kündigung ohne Frist ist nur dann möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Eine fristlose Kündigung ohne Grund ist hingegen meist angreifbar. Ein solcher Grund besteht insbesondere bei Straftaten oder anderen schwerwiegenden Verstößen.

Beispiel: Geschäftsführer G veruntreut Geld der GmbH, verrät Geschäftsgeheimnisse oder äußert sich in den sozialen Medien enorm abfällig über das Unternehmen.

Es ist aber auch möglich, dass GmbH und Geschäftsführer weitere Gründe vereinbaren, die zur fristlosen Kündigung berechtigen.

Die fristlose Kündigung ist auch in Kleinbetrieben nach den üblichen Regeln möglich. Soll dem Geschäftsführer fristlos gekündigt werden, muss dies innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis des wichtigen Grundes geschehen.

6. Welche Kündigungsfrist gilt für Geschäftsführer?

Die Kündigungsfrist hängt zunächst von dem ab, was die GmbH und der Geschäftsführer miteinander vertraglich vereinbart haben. Findet sich hierzu im Vertrag nichts, gelten die gesetzlichen Fristen.

In der Rechtsprechung besteht aber keine Einigkeit, welche gesetzlichen Fristen bei der Kündigung eines Geschäftsführers gelten. In Betracht kommen:

  • 621 BGB. Dieser Paragraph ist auf Dienstverträge anwendbar. Die Frist ist mit oft nur wenigen Wochen knapp bemessen und daher für den Geschäftsführer ungünstig.
  • 622 BGB. Dieser gilt eigentlich nur für Arbeitsverhältnisse. Danach hängt die Kündigungsfrist von der Dauer des Arbeitsverhältnisses ab und kann mehrere Monate betragen.

In einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) wählte das Gericht die für den Geschäftsführer eher ungünstige Frist des § 621 BGB.

Der Bundesgerichtshof (BGH) wendet hingegen auch für Geschäftsführer die Kündigungsfristen des § 622 BGB an. Eine Ausnahme macht er lediglich dann, wenn es sich bei dem Geschäftsführer zugleich auch um einen Mehrheitsgesellschafter handelt.

Es ist daher bislang unklar, welche Frist nun gelten soll. Allerdings ist für eine Klage gegen die Kündigung eines Geschäftsführers in den meisten Fällen der ordentliche Gerichtsweg eröffnet. An dessen Spitze steht der Bundesgerichtshof. Die Arbeitsgerichte bleiben grundsätzlich außen vor. Daher dürfte es oft wohl bei der Anwendung der längeren Frist des § 622 BGB bleiben.

Für die Praxis bedeutet dies aber einmal mehr: In Verträgen sollte festgelegt werden, welche Kündigungsfristen für den Geschäftsführer gelten.

7. Wann kann man als Geschäftsführer im Kleinbetrieb kündigen?

Auch der Geschäftsführer selbst kann das Vertragsverhältnis zwischen ihm und der GmbH kündigen.

Bei unbefristeten Verträgen ist dies stets möglich. Einen Kündigungsgrund muss der Geschäftsführer dafür nicht nachweisen. Bei befristeten Verträgen braucht der Geschäftsführer hingegen einen wichtigen Grund. Dafür muss seitens der GmbH ein schwerer Verstoß vorliegen.

Beispiel: Die GmbH zahlt dem Geschäftsführer für eine längere Zeit keinen Lohn oder diskriminiert ihn.

Auch hier gilt: Sobald der Geschäftsführer von dem wichtigen Grund erfährt, muss er innerhalb von zwei Wochen kündigen. Die Kündigung sollte grundsätzlich schriftlich erfolgen, damit sie sich später leichter nachweisen lässt.

Geschäftsführer sollten hier ebenfalls beachten, dass die Kündigung des Anstellungsvertrags nicht von selbst zum Verlust der Organstellung als Geschäftsführer führt. Auch sollte eine Amtsniederlegung zur Unzeit vermieden werden.

8. Fazit

  • Die Mitarbeiterzahl aus dem Kündigungsschutzgesetz ist für Geschäftsführer ohne Bedeutung. Er genießt anders als Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Kündigungsschutz.
  • Bei befristeten Verträgen ist eine ordentliche Kündigung vor Zeitablauf aber nicht möglich.
  • GmbH und der Geschäftsführer können weitere Kündigungsmöglichkeiten vertraglich vereinbaren.
  • Eine Abfindung ist möglich, hängt jedoch meist vom Verhandlungsgeschick des Geschäftsführers ab.
  • Liegt ein wichtiger Grund vor, kann dem Geschäftsführer fristlos gekündigt werden.
  • Welche gesetzlichen Fristen im Falle einer ordentlichen Kündigung Anwendung finden, ist derzeit noch nicht ganz geklärt. Die Kündigungsfrist sollte daher im Vertrag präzisiert werden.
  • Bei unbefristeten Verträgen kann auch der Geschäftsführer selbst kündigen. Im Übrigen ist die fristlose Kündigung wegen eines wichtigen Grundes stets möglich.