Wie läuft eine Kündigungsschutzklage ab? Wir erklären gekündigten Arbeitnehmern in 7 Schritten, was sie vor Gericht erwartet, wenn sie gegen eine Kündigung des Arbeitgebers klagen.
Dieser Beitrag stammt von Rechtsanwalt Dr. Hartmut Breuer. Er ist erfahrener Anwalt für Arbeitsrecht in Berlin.
1. Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht
Bevor ein Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhebt, sollte er sich vorher von einem erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen.
Dieser wird beispielsweise folgende Punkte mit ihm klären:
- Was möchte er mit der Klage erreichen (Arbeitsplatz retten oder Abfindung aushandeln)?
- Wie stehen die Chancen für einen Sieg vor Gericht?
Achtung: Arbeitnehmer sollten sich beeilen. Ihnen bleiben nur drei Wochen, um gegen die Kündigung zu klagen (s.u.). Noch weniger Zeit haben Arbeitnehmer, wenn sie die Kündigung zurückweisen wollen, weil der Unterzeichner seine Autorisation nicht nachweist.
Gemeinsam können Arbeitgeber und Anwalt die Erfolgsaussichten prüfen und entscheiden, ob eine Kündigungsschutzklage sinnvoll ist. Erscheint ein Sieg möglich, wird der Anwalt das weitere Vorgehen planen.
Grundsätzlich herrscht vor dem Arbeitsgericht zwar kein Anwaltszwang. Arbeitnehmer können also auch ohne Rechtsanwalt gegen ihre Kündigung klagen. Es ist aber trotzdem nicht zu empfehlen, sich ohne Hilfe in den Kündigungsschutzprozess zu stürzen. Dafür lauern im Arbeitsrecht zu viele Fallen, in die der Arbeitnehmer tappen kann.
Erschwerend kommt hinzu: Der Arbeitgeber wird in aller Regel von einem Rechtsanwalt vertreten oder ist im Arbeitsrecht erfahren. Ohne Rechtsanwalt befinden sich Arbeitnehmer daher in einer schlechten Ausgangslage.
2. Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen
Kommen Arbeitnehmer und Anwalt zu dem Schluss, dass die Kündigungsschutzklage gute Erfolgsaussichten hat, kann es weitergehen: sie erheben Klage beim zuständigen Arbeitsgericht.
Die Klage kann, wie bereits angesprochen, nur innerhalb von drei Wochen ab Erhalt der Kündigung eingereicht werden. Eine spätere Klage lässt das Gericht nur in seltenen Ausnahmefällen zu. Arbeitnehmer sollten daher zügig handeln, wenn sie eine Kündigung erhalten.
„Eingereicht“ ist die Kündigung , wenn die Klageschrift beim zuständigen Arbeitsgericht eingegangen ist.
Ist die Klage also rechtzeitig beim Gericht angekommen, landet sie bei der Posteingangsstelle. Diese weist sie nach dem Geschäftsverteilungsplan der zuständigen Kammer des Arbeitsgerichts zu und versieht sie mit einem Aktenzeichen. Der zuständige Richter oder Richterin wird sich dann bei den Beteiligten melden und sie zum Gütetermin laden.
Übrigens: Hat der Betriebsrat der Kündigung widersprochen, muss der Arbeitgeber den betroffenen Mitarbeiter während des Kündigungsschutzverfahrens weiterbeschäftigen und -bezahlen. Hier erfahren Sie mehr zur Lohnfortzahlung während der Kündigungsschutzklage.
3. Gütetermin beim Arbeitsgericht und Verhandlung über Abfindung
Wenige Wochen nach Klageerhebung findet die sogenannte „Güteverhandlung“ statt.
Die Güteverhandlung ist keineswegs freiwillig: Bevor es zum „eigentlichen“ Prozess kommt, sollen Arbeitnehmer und Arbeitgeber hier versuchen, sich außergerichtlich zu einigen. So soll ein aufwändiger und kostspieliger Prozess vermieden werden. Beide Parteien müssen vor Gericht erscheinen, um dort in Anwesenheit des vorsitzenden Richters zu verhandeln. Manchmal ordnet das Gericht das persönliche Erscheinen der Parteien an, sodass nicht bloß die Anwesenheit des jeweiligen Anwalts genügt.
Kommt eine Einigung zustande, ist das Verfahren bereits an dieser Stelle beendet. Das Arbeitsverhältnis wird gegen Zahlung einer Abfindung beendet. Gerichtskosten entstehen keine. Jede Partei trägt ihre Anwaltskosten selbst.
Auch wird häufig die Erteilung eines guten Zeugnis vereinbart.
Da gerade in der Güteverhandlung besonderes Verhandlungsgeschick gefragt ist, sollte der Arbeitnehmer im Vorfeld unbedingt seinen Fachanwalt zu Rate ziehen. Welche Forderung möchte er selbst stellen? Auf welches Angebot würde er sich einlassen? All solche Fragen sollten vorher abgeklärt werden.
Wie die Erfahrung zeigt, kommt recht häufig eine Einigung zustande. Das ist allerdings nicht immer der Fall. Das Verfahren geht dann weiter.
4. Austausch weiterer Schriftsätze
Bevor der eigentliche „Prozess“ beginnen kann, müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber noch Dokumente beim Gericht einreichen. Typischerweise sind das zwei Schriftsätze: die Klageerwiderung des Arbeitgebers sowie eine Stellungnahme des Arbeitnehmers.
Darin tauschen die Parteien Argumente für und gegen die Wirksamkeit der Kündigung aus. Anhand dieser Schriftsätze kann das Gericht den Sachverhalt umfassend aufbereiten und die mündliche Verhandlung vorbereiten.
5. Kammertermin beim Arbeitsgericht
Nach circa vier bis sechs Monaten ist es dann so weit: Die mündliche Verhandlung, der sogenannte „Kammertermin“, findet statt. Hier müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und deren rechtliche Vertreter anwesend sein, sofern sie solche hinzugezogen haben.
Der vorsitzende Richter wird von zwei ehrenamtlichen Richtern unterstützt. Deren Aufgabe ist es, ihre Praxiserfahrung aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebersicht einzubringen.
In der Verhandlung erörtern die Richter mit den Beteiligten zunächst einmal ausführlich die „Sach- und Rechtslage“. Das bedeutet, die Richter gehen auf jegliche Aspekte der Kündigung ein und berücksichtigen dabei alles, was im Klageantrag, der Klageerwiderung und der Stellungnahme vorgetragen wurde. Eventuell werden auch Zeugen vernommen, Sachverständige angehört oder Urkunden in Augenschein genommen. Außerdem haben beide Parteien noch einmal die Möglichkeit, sich zu äußern und sich gegebenenfalls doch noch gütlich zu einigen (wie im Gütetermin, s.o.). Bleiben sich die Parteien uneinig, ergeht ein Urteil.
6. Urteil
In seiner Entscheidung kann das Gericht dem Arbeitnehmer entweder Recht geben oder seine Klage abweisen.
Im stattgebenden Urteil schließen sich die Richter der Meinung des Arbeitnehmers an und erklären die Kündigung des Arbeitgebers für unwirksam.
Die Folge: Das Arbeitsverhältnis bleibt bestehen. Für den Arbeitnehmer bedeutet das nicht nur, dass sein Job erst einmal gerettet ist. Er kann grundsätzlich auch die Nachzahlung seines Lohns für die Dauer des gesamten Gerichtsprozesses verlangen. Außerdem verbleiben die Gerichtskosten allein beim Arbeitgeber. Lediglich die Anwaltskosten hat der Arbeitnehmer selbst zu tragen. Ist er rechtsschutzversichert, kommt in aller Regel der Versicherer für diese Rechnung auf.
Verkünden die Richter hingegen ein ablehnendes Urteil, halten sie die Kündigung für wirksam. In diesem Fall besteht das Arbeitsverhältnis schon seit dem Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr. Der unterlegene Arbeitnehmer kann grundsätzlich keinen Lohn nachverlangen und muss seine Anwalts- und die Gerichtskosten selbst tragen. Der Schutz einer Rechtsschutzversicherung greift aber natürlich auch hier.
Neben dem „Hauptantrag“ des Arbeitnehmers geht das Gericht in seiner Entscheidung auch auf Nebenanträge ein. Beispielsweise, wenn der Arbeitnehmer Ansprüche aus offenen Bonuszahlungen nach der Kündigung, Urlaubsabgeltung und Zeugnis geltend gemacht hat.
7. Berufung, Revision
Der „Verlierer“ des Prozesses muss das Urteil keineswegs akzeptieren: Er kann Berufung einlegen. In diesem Fall wird die Entscheidung des Arbeitsgerichts vom Landesarbeitsgericht überprüft.
Aber Achtung: Die Berufung muss innerhalb eines Monats ab Zustellung des Urteils erfolgen. Danach hat die unterlegene Partei noch einen weiteren Monat Zeit, um eine Begründung einzureichen.
Vor dem Landesarbeitsgericht herrscht Anwaltszwang. Arbeitnehmer benötigen also spätestens jetzt zwingend einen Rechtsanwalt. Bleibt die Berufung erfolglos, kann ggf. noch Revision eingelegt werden. Hier überprüft das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung noch einmal. Die Anforderungen an die Revision sind allerdings sehr hoch.
8. Fazit zum Ablauf einer Kündigungsschutzklage
- Bevor ein Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhebt, sollte er sich auf jeden Fall mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht absprechen – im Kündigungsschutzprozess lauern viele Fallen!
- Bewerten Arbeitnehmer und Anwalt die Erfolgsaussichten vor Gericht positiv, sollten sie nicht lange zögern. Die Kündigungsschutzklage kann nämlich nur innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung erhoben werden.
- Arbeitnehmer und Arbeitgeber werden zunächst zu einem sogenannten Gütetermin geladen,
- Bleibt der Gütetermin erfolglos, lädt das Gericht zum Kammertermin. Im Vorfeld muss der Arbeitgeber dafür eine Klageerwiderung einreichen, der Arbeitnehmer eine korrespondierende Stellungnahme.
- Im Kammertermin bemüht sich das Gericht nochmals, eine Einigung zwischen den beiden Parteien zu erzielen. Scheitert dies, ergeht ein Urteil.
- Das Urteil gibt entweder dem Klageantrag des Arbeitnehmers statt – was grundsätzlich die Unwirksamkeit der Kündigung bedeutet – oder lehnt ihn ab. Daneben entscheidet das Gericht noch über Nebenanträge, beispielsweise über Restlohn- oder das Arbeitszeugnis.
- Die unterlegene Partei kann gegen das Urteil Berufung, in seltenen Fällen anschließend noch Revision einlegen, um die Entscheidung des Gerichts überprüfen zu lassen.