Niemand wird gern befristet eingestellt. Eine Befristung kann allerdings aus vielen Gründen unwirksam sein. Die Folge: Das befristete Arbeitsverhältnis wird automatisch unbefristet. Wir erklären fünf Gründe, in denen die Befristung typischerweise unwirksam ist.
Achtung: Wenn Sie einen dieser Gründe geltend machen möchten, müssen Sie innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende Ihres Vertrags Klage erheben. Sonst endet Ihr Arbeitsvertrag. Wenden Sie sich daher so früh wie möglich an uns.
Dieser Beitrag wurde erstellt von: Rechtsanwalt Dr. Hartmut Breuer, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin.
1. Weiterbeschäftigung über die Vertragslaufzeit hinaus
Es kann vorkommen, dass ein Arbeitnehmer weiterhin für seinen Arbeitgeber tätig ist, obwohl der befristete Arbeitsvertrag eigentlich schon ausgelaufen ist. Der Arbeitnehmer arbeitet einfach unverändert weiter, ohne dass ein neuer Arbeitsvertrag ausgehandelt wurde.
Diese Weiterbeschäftigung führt dazu, dass sich der frühere, eigentlich befristete Arbeitsvertrag automatisch in einen unbefristeten umwandelt. Arbeitnehmer genießen dann regelmäßig allgemeinen Kündigungsschutz und können nicht einfach entlassen werden.
Ein Schlupfloch bleibt dem Arbeitgeber aber: Er kann der Weiterbeschäftigung unverzüglich widersprechen und so die Beschäftigung auf unbestimmte Zeit verhindern. Dafür hat er regelmäßig allerdings nur wenige Tage Zeit.
Beispiel: Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf bestätigte das Entstehen eines unbefristeten Arbeitsvertrags in einem Fall, in dem der Vertrag ursprünglich auf sechs Monate befristet war. Der Mitarbeiter sollte bereits einen Tag vor offiziellem Arbeitsbeginn eine Dienstreise antreten. Die Beschäftigungsdauer betrug somit insgesamt sechs Monate und einen Tag. Der befristete Arbeitsvertrag ging daher automatisch in einen unbefristeten über.
2. Befristung wurde nur mündlich vereinbart
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ist deren schriftliche Fixierung. Halten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht an die Schriftform, vereinbaren sie automatisch ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
An die Schriftform werden dabei höhere Anforderungen gestellt, als es der Wortlaut zunächst vermuten lässt. Um sie einzuhalten, müssen nämlich sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer die Befristungsvereinbarung unterzeichnen. Scans, E-Mails etc. genügen nicht.
Wichtig dabei: Die Befristungsabrede muss unterschrieben werden, bevor das Arbeitsverhältnis beginnt. Nachträglich ist das nicht mehr möglich – dann ist das Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen. Gleiches gilt für die Verlängerung oder Änderung der Befristung. Beides muss schriftlich neu fixiert werden.
Zu beachten ist allerdings, dass das Schriftformerfordernis nur für die Befristung selbst gilt. Der übrige Arbeitsvertrag kann mündlich oder in anderer beliebiger Form geschlossen werden. Auch der Grund für die Befristung muss nicht niedergeschrieben werden. Empfehlenswert ist dies natürlich nicht. Ohnehin ist der Arbeitgeber verpflichtet, die wesentlichen Inhalte des Vertrags schriftlich festzuhalten und dem Arbeitnehmer auszuhändigen (§ 2 NachwG). Auch dazu bietet sich ein schriftlicher Arbeitsvertrag an.
3. Befristung ohne Sachgrund für länger als zwei Jahre
Klassischerweise hat der Arbeitgeber einen sog. Sachgrund für die Befristung (z.B. Vertretung einer schwangeren Arbeitnehmerin, Projektanstellung, weitere s. § 14 Abs. 1 TzBfG). Fehlt ein solcher Sachgrund, gelten für die Befristung besonders strenge Anforderungen.
Wer in seinem Arbeitsvertrag eine sachgrundlose Befristung für länger als zwei Jahre vorfindet, kann sich freuen. Die Befristung ist nämlich unwirksam und der Vertrag gilt automatisch als unbefristet.
Das Gesetz bestimmt, dass eine Befristung ohne sachlichen Grund nur in Ausnahmefällen mehr als zwei Jahre betragen darf. Hält sich der Arbeitgeber schon bei Vertragsschluss nicht daran, muss er die Konsequenzen tragen. Befristungsabreden ohne Sachgrund, die zwei Jahre übersteigen, sind daher grundsätzlich unwirksam. Es besteht dann von Anfang an ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Wie erwähnt, gibt es allerdings Ausnahmen, in denen die sachgrundlose Befristung auch länger sein darf:
- Der Tarifvertrag sieht längere Fristen vor.
- Das Unternehmen wurde neu gegründet. In den ersten vier Jahren des Bestehens dürfen Verträge abgeschlossen werden, die bis zu vier Jahre ohne Sachgrund befristet sind. Das geht auch noch am letzten Tag dieser vier Jahre. Das Existenzgründer-Privileg gilt somit faktisch fast acht Jahre lang.
- Der Arbeitnehmer ist 52 Jahre alt oder älter und war unmittelbar zuvor vier Monate beschäftigungslos, bezog Transferkurzarbeitergeld oder nahm an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme teil. Die Höchstdauer der sachgrundlosen Befristung beträgt in diesem Fall fünf Jahre.
4. Zum zweiten Mal ohne Sachgrund befristet eingestellt
Ein Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer, der schon einmal in seinem Unternehmen tätig war, nicht sachgrundlos befristet einstellen. In ihrer gesamten Arbeitsbeziehung können Arbeitgeber- und Arbeitnehmer demnach nur einmal die sachgrundlose Befristung nutzen. Dabei zählen fast alle Arten der vorherigen Beschäftigung. Beispielsweise gilt auch ein Ferien-Aushilfsjob als ehemaliges Arbeitsverhältnis.
Wie so oft gibt es aber auch hier einige Ausnahmen:
- Eine erneute Befristung ohne Sachgrund ist erlaubt, wenn die Vorbeschäftigung sehr lange (also mehrere Jahrzehnte) zurückliegt oder sie nur von sehr kurzer Dauer war (einige Tage). Gleiches gilt, wenn die Art und Weise der Arbeit in keinerlei Zusammenhang zur früheren Arbeit stehen.
- Eine „Anschlussbefristung“ ist auch nach einem Berufsausbildungsverhältnis oder einer Referendarausbildung möglich. Solche Ausbildungsverhältnisse fallen nämlich nicht unter den Begriff des vorherigen Arbeitsverhältnisses.
Aber Achtung: Das Anschlussverbot gilt nur für die sachgrundlose Befristung. Liegt ein ausreichender Sachgrund vor, steht einer erneuten Befristung nichts im Wege.
5. Rechtsmissbräuchliche Kettenbefristung automatisch unbefristet
Von einer sogenannten „Kettenbefristung“ spricht man, wenn ein Arbeitnehmer über viele Jahre hinweg immer wieder befristet eingestellt wird. Sofern es dabei für jede neue Befristung einen sachlichen Grund gibt, sind solche Kettenbefristungen grundsätzlich zulässig.
Unwirksam werden sie aber, wenn sie – trotz eines sachlichen Grundes – missbräuchlich sind. Von einem Missbrauch geht man aus, wenn der Arbeitgeber hinsichtlich der Gesamtdauer der befristeten Beschäftigung oder bezüglich der Anzahl der Befristungen gewisse Grenzen überschreitet.
Wann genau diese Grenzen überschritten sind, ist gesetzlich nicht festgelegt. In der Praxis deutet aber vieles auf eine missbräuchliche Kettenbefristung hin, wenn der Arbeitnehmer schon seit über acht Jahren im Betrieb beschäftigt ist. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber fünf oder mehr Befristungen mit dem gleichen Arbeitnehmer vereinbart hat.
Um vollends von einem Missbrauch sprechen zu können, müssen aber noch weitere Anhaltspunkte vorliegen. Das sind beispielsweise solche:
- Der Arbeitnehmer wird jedes Mal an demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt.
- Die Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung wäre vorhanden.
- Die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge deckt sich zeitlich nicht mit dem erwarteten Vertretungsbedarf.
Gegen ein missbräuchliches Verhalten des Arbeitgebers können hingegen folgende Gründe sprechen:
- Der Arbeitnehmer wird mit wechselnden, unterschiedlichen Aufgaben betraut.
- Beim Arbeitgeber besteht kein ständiger Vertretungsbedarf.
- Es gibt keine Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung.
- Die Laufzeit der einzelnen befristeten Verträge bleibt zeitlich nicht hinter dem erwarteten Vertretungsbedarf zurück.
- Es liegen bestimmte branchenspezifische Besonderheiten vor (z.B. nicht planbare Projektarbeiten).
Ob man von einer rechtsmissbräuchliche Kettenbefristung sprechen kann, hängt demnach von vielen Faktoren ab. Wer aber schon über zehn Jahre befristet für denselben Arbeitgeber arbeitet, hat gute Chancen, künftig unbefristet zu arbeiten. Denn auch hier ist die Folge der unwirksamen Befristung: Der Arbeitsvertrag gilt automatisch als auf unbestimmte Zeit geschlossen.
6. Folgen einer unwirksamen Befristung
Es zeigt sich, dass die sachgrundlose Befristung aus verschiedensten Gründen unwirksam sein kann. Für den Arbeitnehmer bringt das – neben der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit – weitere Vorteile mit sich:
- Es gilt grundsätzlich der (hohe) allgemeine Kündigungsschutz. Eine Kündigung des Arbeitgebers ist daher nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Ausnahmen bestehen nur in Betrieben mit zehn oder weniger Mitarbeitern und in den ersten sechs Monaten der (gesamten) Beschäftigung.
- Eine Kündigung durch den Arbeitgeber ist – sofern er denn überhaupt einen Kündigungsgrund zur Hand hat – frühestens zum Ablauf der oft mehrmonatigen Kündigungsfrist möglich.
- Der Arbeitnehmer kann hingegen jederzeit ordentlich kündigen. Die Frist beträgt vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende, sofern Arbeits- oder Tarifvertrag nichts Abweichendes bestimmen.
Es lohnt sich somit immer, eine Befristung ohne Sachgrund auf Fehler zu überprüfen. Stehen die Aussichten gut, können Sie die Entfristung auch per Klage durchsetzen.
7. Fazit
- Eine unwirksame Befristung führt in aller Regel dazu, dass sich das Arbeitsverhältnis automatisch in ein unbefristetes umwandelt. Es gilt dann als für unbestimmte Zeit geschlossen.
- Eine Befristung muss immer in Schriftform vereinbart werden. Jegliche Abreden, die nicht dieser Form genügen, führen zu einem unbefristeten Vertrag.
- Besonders fehleranfällig und daher oft unwirksam ist die sachgrundlose Befristung. Diese darf nur unter bestimmten Voraussetzungen und meist nicht länger als zwei Jahre vereinbart werden.
- Wird ein Arbeitnehmer über die Vertragslaufzeit hinaus weiterbeschäftigt, ohne einen neuen Arbeitsvertrag geschlossen zu haben, wandelt sich der ehemals befristete Vertrag automatisch in einen unbefristeten um.
- Ehemalige Mitarbeiter dürfen nur befristet eingestellt werden, wenn dafür ein Sachgrund besteht.
- „Kettenbefristungen“ sind unwirksam, wenn sie – trotz Vorliegen eines Sachgrunds – rechtsmissbräuchlich sind. Das ist meist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer schon besonders lange für den Arbeitgeber arbeitet oder ihm viele Befristungen in Folge aufgebürdet werden.