Ihr Arbeitgeber versucht, nach einem Betriebsübergang per Änderungskündigung einen neuen Arbeitsvertrag durchzusetzen? Dieser Beitrag erklärt, was Sie bei einer Änderungskündigung nach einem Betriebsübergang wissen müssen.

Herr Dr. Breuer berät zu allen Fragen des Arbeitsrechts und ist Autor dieses Beitrags. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin.

Nach Betriebsübergang weniger Gehalt wegen Änderungskündigung?

1. Warum wird nach Betriebs­übergang neuer Arbeitsvertrag vorgelegt?

Der Verkauf des Unternehmens, für das Sie arbeiten, ändert zunächst einmal nichts an Ihrem Arbeitsvertrag.

Beispiel: Arbeitnehmer A ist als Industriemechaniker in einer Fabrik angestellt. Das Betriebsgelände und alle Maschinen werden von einem anderen Unternehmen übernommen. Das führt dazu, dass das Käuferunternehmen der neue Arbeitgeber von A wird, wenn dieser dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widerspricht. An Arbeitsvertrag des A ändert dieser Vorgang zunächst nichts. A bleibt weiterhin Industriemechaniker zu seinem bisherigen Gehalt.

In Fällen wie diesem Beispiel wird es häufig zu dem Problem kommen, dass sich die Arbeitsbedingungen (z.B.: weniger Gehalt, mehr Arbeitszeit) der übernommenen Arbeitnehmer von der bisherigen Belegschaft bei dem neuen Arbeitgeber unterscheiden. Arbeitgeber haben aber natürlich in der Regel ein Interesse daran, einheitliche Arbeitsbedingungen zu schaffen.

Das kann der Arbeitgeber allerdings nicht einseitig durchsetzen. Der Arbeitsvertrag ist eine Vereinbarung, die sich grundsätzlich nur einvernehmlich ändern lässt. Stimmen Sie einem Angebot auf Vertragsänderung also nicht zu – weil sich Ihre Arbeitsbedingungen verschlechtern würden – bleibt Ihrem neuen Arbeitgeber nur die Änderungskündigung.

Mit der Änderungskündigung will der Arbeitgeber Sie zur Zustimmung drängen: Entweder Sie akzeptieren die neuen Arbeitsbedingungen oder Sie werden entlassen. Wie Sie auf die Änderungskündigung nach einem Betriebsübergang reagieren können, erfahren Sie unten (Abschnitt 4).

2. Ist eine Änderungs­kündigung nach Betriebs­übergang möglich?

Die Änderungskündigung nach einem Betriebsübergang ist für den Arbeitgeber nicht einfach: Das Gesetz verbietet ihm Kündigungen, die wegen des Betriebsübergangs ausgesprochen werden (§ 613a Abs. 4 BGB). Der Arbeitgeber kann die Änderungskündigung also nicht damit begründet, dass ein Betriebsübergang erfolgt ist und nun die Arbeitsbedingungen angepasst werden müssen.

Allerdings sind Kündigungen nach einem Betriebsübergang nicht völlig ausgeschlossen. Entscheidend ist der Grund der Entlassung.

Ihr neuer Arbeitgeber kann zum Beispiel vorbringen, dass die Änderungskündigung aus betriebsbedingten Gründen notwendig ist. Eine Änderungskündigung würde also insbesondere dann nicht gegen das Kündigungsverbot verstoßen, wenn der Betrieb wegen hoher Gehaltskosten nicht profitabel weitergeführt werden könnte. In diesen Fällen hängt stark vom Einzelfall ab, ob die Änderungskündigung wirksam ist.

3. Häufige Gründe für die Änderungs­kündigung nach einem Betriebs­übergang

Eine Änderungskündigung nach Betriebsübergang kann verschiedene Gründe haben. Aus praktischer Sicht wird es häufig darum gehen, die Arbeitsbedingungen für die ganze Belegschaft möglichst einheitlich zu gestalten. Daneben kommen allerdings noch weitere Gründe in Betracht.

Hier erklären wir drei besonders häufige Gründe für eine Änderungskündigung nach einem Betriebsübergang:

Weniger Gehalt

Ein häufiger – und zugleich besonders problematischer – Grund für die Änderungskündigung ist die Gehaltsreduzierung. Grundsätzlich kann der neue Arbeitgeber die Änderungskündigung damit begründen, dass der Betrieb bei den bisherigen Lohnkosten unprofitabel wäre.

Im Einzelnen sind die Anforderungen für die Gehaltsabsenkung jedoch nicht geklärt. Das Bundesarbeitsgericht fordert, dass im Falle der Beibehaltung des bisherigen Gehalts eine „absolute“ Gefahr für den Arbeitsplatz bestünde oder der Betrieb finanziell nahezu ruiniert wäre. In vielen Fällen dürften diese Voraussetzungen nicht erfüllt sein. Teilweise lassen die Richter eine entsprechende Änderungskündigung auch schon zu, wenn andernfalls bloß die Rentabilität beeinträchtig wäre (von einer Existenzgefährdung also noch keine Rede sein kann).

Wichtig: Falls Ihr Gehalt nach einem Betriebsübergang durch eine Änderungskündigung herabgesetzt werden soll, ist besondere Vorsicht geboten. Hier bietet sich eine Angriffsfläche und nicht selten können die hohen Voraussetzungen zur Unwirksamkeit der Änderungskündigung führen. Sie sollten sich an eine erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht wenden.

Standortwechsel

In vielen Arbeitsverträgen ist der Arbeitsort festgelegt. Darin ist dann zum Beispiel geregelt, dass Sie im Betrieb einer bestimmten Stadt tätig sind. Übernimmt nun der Erwerber den Betrieb und verlagert er diesen in eine andere Stadt, müssten Sie dort unter Umständen nicht arbeiten. Denn Ihr Arbeitsvertrag sieht nach wie vor nur die andere Stadt als Ihren Arbeitsort vor.

Hier kann der Arbeitgeber evtl. per Änderungskündigung einen neuen Arbeitsvertrag durchsetzen, der den geänderten Arbeitsort beinhaltet.

Bezugnahme auf Tarifvertrag entfernen

Viele Arbeitsverträge nehmen Bezug auf einen Tarifvertrag. So gelten im Arbeitsverhältnis automatisch die Bestimmungen, die der Tarifvertrag vorsieht.

Hierfür gibt es im Wesentlichen zwei Varianten:

  • Statische Bezugnahme: „Auf dieses Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag X in der Fassung vom 1.1.2023 Anwendung.“
  • Dynamische Bezugnahme: „Auf dieses Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag X in seiner jeweils geltenden Fassung Anwendung“.

Handeln die Tarifvertragsparteien höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen aus, gelten diese stets auch automatisch für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverträge dynamische Bezugnahmeklauseln enthalten. Dafür muss weder der Arbeitgeber Mitglied im Arbeitgeberverband sein, noch müssen Sie Mitglied der entsprechenden Gewerkschaft sein.

Problematisch kann das insbesondere werden, wenn im Betrieb des neuen Arbeitgebers ein anderer Tarifvertrag gilt. Hier würden dann erhebliche Unterschiede bei den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter gelten. Eine Änderungskündigung käme grundsätzlich in Betracht, um die Bezugnahmeklausel zu ändern und auf einen anderen Tarifvertrag zu verweisen. Die Voraussetzungen sind hier jedoch nicht abschließend geklärt.

Auch in diesem Fall wird die Änderungskündigung daher häufig angreifbar sein. Der Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht lohnt sich.

4. Was tun nach einer Änderungs­kündigung?

Falls Sie nach dem Betriebsübergang eine Änderungskündigung erhalten, haben Sie grundsätzlich drei Optionen:

Annahme der Änderungen

Sie können die Änderungen, die Ihnen der neue Arbeitgeber anbietet, annehmen. Dann gilt der neue Arbeitsvertrag ab dem Zeitpunkt, ab dem die Kündigung wirksam geworden wäre. Diese Option sollten Sie nur wählen, wenn die Änderungen tatsächlich völlig unproblematisch sind oder sich Ihre Arbeitsbedingungen sogar verbessern, weil der Standard in dem Betrieb höher ist als bei Ihrem vorherigen Arbeitgeber. Ob dies tatsächlich der Fall ist, sollten Sie mit einem erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht klären.

Ablehnung der Änderungen

Sie müssen sich auf die Änderungen nicht einlassen und können die Änderungskündigung auch ablehnen. Die Änderungskündigung wird dann zu einer normalen Kündigung und Ihr Arbeitsverhältnis wird beendet. Dagegen können Sie, wie auch sonst, eine Kündigungsschutzklage erheben.

Wichtig ist dabei, dass Sie die Klagefrist von drei Wochen ab dem Zugang der Änderungskündigung beachten. Gerade in Fällen der Entgeltabsenkung bestehen hierbei gute Chancen, dass das Verfahren mit einem Vergleich endet und Sie eine Abfindung aufgrund der Änderungskündigung erhalten.

Diese Option ist jedoch riskant, da Sie Ihren Arbeitsplatz aufgeben müssen, wenn Sie das Verfahren verlieren.

Annahme unter Vorbehalt

Sie können das Angebot auch unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderungen zulässig sind. Dann gelten zunächst die geänderten Arbeitsbedingungen.

Hierbei haben Sie nach der Änderungskündigung zwei Fristen zu beachten:

  • Erstens müssen Sie den Vorbehalt innerhalb von drei Wochen ab dem Zugang der Kündigung erklären.
  • Zweitens müssen Sie die sog. Änderungsschutzklage innerhalb von drei Wochen ab dem Zugang der Kündigung erheben.

In diesem Verfahren geht es darum, ob die Änderungen zulässig sind. Will der Arbeitgeber den Lohn senken oder die Arbeitsbedingungen auf andere Weise verschlechtern, wird dies oft nicht der Fall sein. Gewinnen Sie das Verfahren, gelten wieder die vorherigen Arbeitsbedingungen. In jedem Fall hätten Sie aber Ihren Arbeitsplatz gesichert, wenn auch zu den geänderten Bedingungen, sollten Sie das Verfahren verlieren.

In aller Regel sollten Sie einen erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht heranziehen, der Sie zu den verschiedenen Handlungsoptionen berät.

5. Fazit

  • Ein Betriebsübergang ändert zunächst nichts an Ihrem Arbeitsvertrag. Will der Arbeitgeber einen neuen Arbeitsvertrag durchsetzen und stimmen Sie dem nicht zu, bleibt dem Arbeitgeber nur die Änderungskündigung.
  • Die Änderungskündigung darf nicht ausschließlich mit dem Betriebsübergang an sich begründet werden. Der neue Arbeitgeber muss sich auf wirtschaftliche Gründe stützen können. Das ist oft nicht der Fall.
  • Besonders problematisch ist eine Änderungskündigung, wenn Ihr Gehalt gesenkt werden soll. Hier lohnt es sich häufig, gegen die Änderungskündigung vorzugehen.
  • Sie haben drei Optionen nach einer Änderungskündigung: Sie können die Änderungen annehmen, ablehnen oder unter dem Vorbehalt der Zulässigkeit annehmen und eine sog. Änderungsschutzklage erheben. In jedem Fall müssen Sie die Fristen beachten.