ARBEITSRECHT

Änderungskündigung Betriebsrat: Mitbestimmung & mehr

Der Betriebsrat vertritt die Interessen der Arbeitnehmer im Unternehmen. Er hat deswegen ein Mitbestimmungsrecht bei Kündigungen des Arbeitgebers und spielt somit auch eine zentrale Rolle bei Änderungskündigungen. Hier erfahren Sie, wie die Anhörung des Betriebsrats bei einer Änderungskündigung funktioniert und was bei der Änderungskündigung eines Betriebsratsmitglieds zu beachten ist.

Dieser Beitrag beruht auf der Erfahrung von Dr. Hartmut Breuer. Er ist Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in Berlin.

Leerraum

1. Was ist eine Änderungskündigung?

Wenn Arbeitgeber die Bedingungen im Arbeitsvertrag ändern möchten, sind sie grundsätzlich auf die Zustimmung des Mitarbeiters angewiesen. Meist verschlechtern sich so die Bedingungen am Arbeitsplatz aber. Der Arbeitnehmer lehnt also ab.

Wenn der Arbeitgeber den Vertrag um jeden Preis ändern möchte, kann er eine Änderungskündigung aussprechen. Die Kündigung ist dann mit dem Angebot verbunden, das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Arbeitsbedingungen fortzuführen. Wenn der Arbeitnehmer die Änderung nicht akzeptiert, endet das Arbeitsverhältnis vollständig nach Ablauf der Kündigungsfrist einer Änderungskündigung

Er steht also vor der Wahl: Neue Bedingungen akzeptieren oder das Unternehmen verlassen.

Häufige Gründe für eine Änderungskündigung sind:

  • Gehaltskürzungen
  • Änderungen der Arbeitszeit
  • Versetzung
  • Wechsel in Teilzeit

Beispiel: Arbeitnehmer A verdient 4.000 €/Monat. Sein Arbeitgeber muss wegen finanzieller Schwierigkeiten einige Gehälter kürzen. Er spricht deshalb eine Änderungskündigung gegenüber A aus. Damit kündigt er A die ursprüngliche Stelle mit einem Gehalt von 4.000 €/Monat und bietet ihm gleichzeitig an, nach der Kündigung für 3.500€/Monat auf der Stelle weiterzuarbeiten.

Achtung: Selbstverständlich kann auch eine Änderungskündigung rechtswidrig sein. Wenn kein zulässiger Kündigungsgrund vorliegt oder Formvorschriften nicht eingehalten wurden, kann der Arbeitnehmer die Änderungskündigung ablehnen, gegen sie klagen und möglicherweise eine großzügige Abfindung aufgrund der Änderungskündigung erhalten.

Nach Zugang der Änderungskündigung sollten Sie deshalb stets einen Fachanwalt für Arbeitsrecht konsultieren. Dieser kann Sie dabei unterstützen, Ihre Rechte durchzusetzen.

2. Anhörung des Betriebsrats vor einer Änderungskündigung

Gemäß § 102 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) muss der Arbeitgeber vor jeder Kündigung den Betriebsrat anhören. Das gilt auch für Änderungskündigungen. Er muss dem Gremium die erforderlichen Eckdaten mitteilen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geben.
 

Mitteilungspflicht des Arbeitgebers

Im Rahmen der Anhörung muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat folgende Informationen mitteilen:

  • Personaldaten des Arbeitnehmers (Name, Geburtsdatum, Familienstand, Dauer der Beschäftigung)
  • Etwaige Umstände, die einen besonderen Kündigungsschutz begründen (zB. Schwangerschaft, Behinderung)
  • Art der Kündigung (ordentlich, außerordentlich) unter Angabe von Kündigungstermin und Kündigungsfrist
  • Kündigungsgrund
  • Das Änderungsangebot und den Grund für die Änderung

Achtung: Die Anhörung des Betriebsrats muss grundsätzlich nicht schriftlich erfolgen. Allerdings empfiehlt sich dies für den Arbeitgeber aus Beweisgründen.

 

Ausführliche Begründung 

Arbeitnehmer, die seit mehr als 6 Monaten in einem Betrieb mit über 10 Mitarbeitern arbeiten, genießen gesetzlichen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Demnach dürfen sie nach § 1 Abs. 2 KSchG nur ordentlich gekündigt werden, wenn ein verhaltens-, personen- oder betriebsbedingter Kündigungsgrund vorliegt.

In solchen Fällen muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Kündigung so ausführlich begründen, dass dieser ohne eigene Nachforschungen prüfen kann, ob die Voraussetzungen für die Änderungskündigung tatsächlich vorliegen. Bei einer Änderungskündigung muss der Arbeitgeber außerdem die angebotene Änderung nachvollziehbar begründen.

Wichtig: Diese Pflicht besteht ebenso bei der Begründung von außerordentlichen Änderungskündigungen.

 

Beispiel betriebsbedingte Änderungskündigung 

Die stark gestiegenen Strompreise erhöhen die Produktionskosten des Unternehmers U drastisch. Er möchte deshalb seinen Betrieb umstrukturieren. Infolge der Umstrukturierung kann er seinen Mitarbeiter A nur noch in Teilzeit statt in Vollzeit beschäftigen. Er plant deshalb eine betriebsbedingte Änderungskündigung gegenüber A. Vor der Kündigung muss er den Betriebsrat anhören und diesen dabei über den Kündigungsgrund informieren.

Es reicht hierbei nicht aus, dass U gegenüber dem Betriebsrat anführt, er wolle A betriebsbedingt kündigen. Stattdessen muss U darlegen, dass alle Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Änderungskündigung im Fall von A gegeben sind. Er hat also insbesondere darzulegen, dass:

  • betriebliche Erfordernisse die Umstrukturierung notwendig machen,
  • er A deshalb nur noch in Teilzeit weiterbeschäftigen kann,
  • A nicht auf einer vergleichbaren Stelle in Vollzeit weiterbeschäftigt werden kann
  • und er bei der Kündigung soziale Gesichtspunkte berücksichtigt hat (er muss dafür die Sozialdaten anderer, vergleichbarer Arbeitnehmer vorlegen).
 

Stellungnahme des Betriebsrats  

Nachdem der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Kündigung informiert hat, muss er diesem eine Woche (bei einer ordentlichen Kündigung) bzw. drei Tage (bei einer außerordentlichen Kündigung) Zeit für eine Stellungnahme geben.

 

Rechtsfolgen bei unterbliebener oder fehlerhafter Anhörung

Der Betriebsrat muss vor der Kündigung angehört werden. Geschieht dies nicht oder vernachlässigt der Arbeitgeber seine Mitteilungspflicht, ist die Kündigung gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG rechtswidrig. Der Arbeitnehmer kann die Kündigung dann gerichtlich angreifen.

Achtung: Die Klage gegen die Kündigung muss innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erfolgen. Hier erfahren Sie mehr zum Ablauf der Kündigungsschutzklage.

3. Der Betriebsrat widerspricht der Änderungskündigung

Ein ordnungsgemäßer Widerspruch berührt zwar nicht die Wirksamkeit der Kündigung, verbessert jedoch deutlich die Rechtsstellung des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess.
 

Widerspruchsgründe 

Die zulässigen Widerspruchsgründe sind abschließend in § 102 Abs. 3 BetrVG aufgelistet. Der Betriebsrat darf einer Kündigung nur widersprechen, wenn:

  • der Arbeitgeber soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt hat.
  • die Kündigung gegen die Auswahlrichtlinie nach § 95 BetrVG verstößt (nur bei betriebsbedingter Kündigung).
  • eine vergleichbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer besteht (ggf. erst nach zumutbaren Umschulungsmaßnahmen).
  • der Arbeitnehmer unter geänderten Vertragsbedingungen weiterbeschäftigt werden kann. Achtung: Die Änderungskündigung hat demnach Vorrang vor einer abschließenden Beendigungskündigung und ist somit risikoärmer für den Arbeitgeber!

Wichtig: Der Widerspruch muss schriftlich und fristgerecht erfolgen. Ansonsten wird er vom Gericht nicht akzeptiert und nützt dann auch dem Arbeitgeber nichts. Der Betriebsrat muss sich in seinem Widerspruch auf konkrete Tatsachen stützen.

 

Rechtsfolgen eines Widerspruchs 

Sollte der Arbeitnehmer gegen die Kündigung klagen, bewirkt ein zuvor eingelegter Widerspruch des Betriebsrats, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für die gesamte Dauer des Prozesses weiterbeschäftigen muss; also auch dann, wenn der Prozess über die Kündigungsfrist hinaus andauert.

Aber: Diesen Anspruch auf Weiterbeschäftigung muss der Arbeitnehmer ausdrücklich gegenüber seinem Arbeitgeber geltend machen, und zwar vor Ablauf der Kündigungsfrist.

Achtung: Anders als bei der ordentlichen Kündigung hat der Betriebsrat bei einer außerordentlichen Kündigung kein Recht zu widersprechen. Der Arbeitnehmer kann dann im Falle des Prozesses auch keine Weiterbeschäftigung verlangen.

4. Änderungskündigung Betriebsratsmitglied

Betriebsratsmitglieder sind grundsätzlich sehr schwer zu kündigen. Um ihre Unabhängigkeit zu gewährleisten, genießen diese nämlich nach § 15 KSchG besonderen Kündigungsschutz. Ein Betriebsratsmitglied darf daher nur in besonderen Ausnahmefällen eine Änderungskündigung erhalten.

Achtung: Der besondere Kündigungsschutz beginnt bereits, wenn der Arbeitnehmer zur Wahl aufgestellt wird und endet erst 1 Jahr nach Ablauf der Amtszeit.

 

Besonderer Kündigungsgrund 

Betriebsratsmitglieder dürfen grundsätzlich nicht ordentlich gekündigt werden. Eine Ausnahme besteht, wenn der gesamte Betrieb geschlossen wird.

Eine ordentliche Änderungskündigung eines Betriebsratsmitglieds kann vorkommen, wenn dessen Arbeitsplatz durch eine Teilschließung des Betriebs wegfällt. Häufig kann der Arbeitgeber das Betriebsratsmitglied dann ordentlich kündigen, wenn er ihm gleichzeitig eine vergleichbare Stelle in einer anderen Abteilung anbietet. Unter Umständen muss er vergleichbare Stellen sogar „freikündigen“.

Achtung: Hierbei müssen dennoch die Kündigungsfristen beachtet werden. Wenn vertraglich nichts anderes vereinbart wird, dürfen die Änderungen erst nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist greifen.

Achtung: Möglich ist außerdem eine außerordentliche Kündigung. Dafür müssen wichtige Gründe in der Person des Arbeitnehmers vorliegen, die eine sofortige Kündigung erfordern. Als Grund kommen in aller Regel nur massive Pflichtverletzungen des Betriebsratsmitglieds in Betracht (zB. Diebstahl, schwere Beleidigungen). Es dürfte deshalb nur sehr selten zu außerordentlichen Änderungskündigungen kommen (z.B. wurde während der Covidpandemie eine außerordentliche, betriebsbedingte Änderungskündigung vereinzelt für zulässig gehalten). Bei schweren Pflichtverletzungen soll das Arbeitsverhältnis meist endgültig beendet werden.

Anhörung und Zustimmung des Betriebsrats

Auch bei der Kündigung eines Betriebsratsmitglieds muss der Betriebsrat angehört werden. Bei einer außerordentlichen Kündigung muss dieser zuvor sogar seine Zustimmung erteilen. Tut er dies nicht, hilft nur noch der Gang zum Arbeitsgericht.

Bestimmtheit des Änderungsangebots

Die Änderungen der Arbeitsbedingungen müssen in dem Änderungsangebot eindeutig und hinreichend beschrieben sein. Für den Arbeitnehmer muss unmissverständlich deutlich werden, welche Regelungen in Zukunft gelten und ab wann. Ansonsten ist die Kündigung gerichtlich angreifbar.

5. Fazit

  • Eine Änderungskündigung ist die Kündigung eines Arbeitsvertrags verbunden mit dem Angebot, einen neuen Vertrag mit geänderten Bedingungen abzuschließen.
  • Der Betriebsrat muss vor jeder Änderungskündigung angehört werden. Dabei muss er über den Kündigungsgrund und das genaue Änderungsangebot informiert werden.
  • Bei fehlerhafter oder unterlassener Anhörung des Betriebsrats ist die Kündigung rechtswidrig und kann von dem Arbeitnehmer gerichtlich angegriffen werden.
  • Ein Widerspruch des Betriebsrats berührt zwar nicht die Wirksamkeit der Kündigung, verbessert jedoch deutlich die Rechtsstellung des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess.
  • Betriebsratsmitglieder dürfen grundsätzlich nicht ordentlich gekündigt werden. Eine ordentliche Änderungskündigung eines Betriebsrats kann aber ausnahmsweise vorkommen, wenn der Arbeitsplatz des Betriebsratsmitglieds durch eine Teilschließung des Betriebs wegfällt.