Mit einer fristlosen Kündigung beendet der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis von einem Tag auf den anderen. Wir erklären Ihnen, wann Sie nach einer fristlosen Kündigung des Arbeitgebers eine Abfindung verlangen können und wie Sie diese durchsetzen.
Herr Dr. Hartmut Breuer ist seit mehr als zwanzig Jahren Anwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Von ihm stammt dieser Beitrag.
1. Anspruch auf Abfindung nach fristloser Kündigung?
Nach einer fristlosen Kündigung haben Sie nicht automatisch Anspruch auf eine Abfindung. Das ist ein weit verbreiteter Irrtum.
Allerdings können Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Zahlung einer Abfindung vertraglich vereinbaren. In manchen Fällen spricht Ihnen sogar das Gericht eine Abfindung zu und verpflichtet den Arbeitgeber zur Zahlung.
2. Gibt es trotzdem eine Abfindung nach fristloser Kündigung?
Auch wenn Sie keinen Anspruch darauf haben, ist die Zahlung einer Abfindung nach einer fristloser Kündigung durchaus häufig. Denn eine fristlose Kündigung ist nur aus wichtigem Grund und erst als letztes Mittel möglich. Deshalb ist eine fristlose Kündigung häufig unwirksam und vor Gericht durch den Arbeitnehmer angreifbar.
Um einen Prozess zu vermeiden, ist der Arbeitgeber oft zu einem Abwicklungsvertrag oder vor Gericht zu einem Vergleich inklusive Abfindung bereit.
Das hat für den Arbeitgeber viele Vorteile:
- Rechtssicherheit: Der Arbeitnehmer erhält eine hohe Einmalzahlung. Im Gegenzug verzichtet er auf eine Klage gegen die fristlose Kündigung. Ihr Arbeitgeber vermeidet so einen langwierigen und teuren Prozess mit ungewissem Ausgang.
- Planungssicherheit: Während eines ungewissen Kündigungsprozesses kann der Arbeitgeber die Stelle nicht sicher verplanen. Stellt das Gericht fest, dass die Kündigung unwirksam ist, muss der Arbeitgeber Sie weiterbeschäftigen.
- Finanzieller Aspekt: Sollte die fristlose Kündigung unwirksam sein, ist der Arbeitgeber verpflichtet, das während des Prozesses nicht gezahlte Entgelt nachzuzahlen.
3. Gründe für eine Abfindung nach fristloser Kündigung
Eine fristlose Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis mit einem Schlag und trifft den Arbeitnehmer besonders hart. Für den Arbeitgeber muss ein wichtiger Grund vorliegen, der eine Weiterbeschäftigung auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar macht.
Eine fristlose Kündigung ohne Grund ist leicht angreifbar. In folgenden Fällen besteht deshalb eine gute Grundlage für die Abfindungsverhandlung:
Dünne Beweislage
Der Arbeitgeber muss vor Gericht beweisen, dass er Ihnen fristlos kündigen darf. Wenn er Ihnen z.B. vorwirft, Spesenabrechnungen gefälscht zu haben, genügt allein diese Behauptung nicht. Er muss in der Regel Zeugen benennen, Dokumente vorlegen oder Aufnahmen zeigen, die belegen, dass der Vorwurf zutrifft. Oft scheitert der Arbeitgeber an diesen Anforderungen, weil sich der Sachverhalt nicht mehr eindeutig klären lässt.
Fehlende Abmahnung
Wenn der Arbeitgeber Ihnen wegen wiederholten Fehlverhaltens fristlos kündigt, muss er Sie vorher abgemahnt haben.
In der Abmahnung muss er Sie zu einem pflichtgemäßen Verhalten aufgefordert und Ihnen arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht haben. Nur in Ausnahmefällen, also bei besonders schweren Verstößen, kann der Arbeitgeber ohne Abmahnung kündigen, z.B. bei einigen Straftaten am Arbeitsplatz (Diebstahl von wertvollem Firmeneigentum, Betrug gegenüber dem Arbeitgeber mit beträchtlichem Schaden,…).
Fristlose Kündigung wegen Krankheit
Die Krankheit eines Arbeitnehmers ist kein Grund für eine fristlose Kündigung. Auch bei längerem Ausfall kann der Arbeitgeber allenfalls ordentlich wegen der Krankheit kündigen, also mit Kündigungsfrist.
Verspätete fristlose Kündigung des Arbeitgebers
Sobald der Arbeitgeber die Umstände kennt, die zur fristlosen Kündigung führen, hat er nur zwei Wochen Zeit, Ihnen die fristlose Kündigung auszusprechen. Nach Ablauf dieser Frist kann er die fristlose Kündigung nicht mehr auf diese Gründe stützen. Diese Regelung soll den Arbeitgeber zu einer raschen Entscheidung veranlassen. Nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist ist nur noch eine Kündigung mit Frist denkbar.
Besonderer Kündigungsschutz
Bestimmte Personengruppen genießen sog. Sonderkündigungsschutz, sodass eine fristlose Kündigung bei ihnen häufig unwirksam ist:
- Schwerbehinderte Arbeitnehmer können ohne Zustimmung des Integrationsamtes nicht fristlos gekündigt werden.
- Entlässt der Arbeitgeber ein Betriebsratsmitglied fristlos, muss der Betriebsrat selbst zustimmen.
- Die Hürden für die fristlose Kündigung eines Auszubildenden sind besonders hoch. Ein Vorfall, der zur Kündigung eines Arbeitnehmers berechtigt, rechtfertigt nicht automatisch die fristlose Kündigung eines Auszubildenden.
- Auch bei Arbeitnehmern in Mutterschutz oder Elternzeit bedarf es einer Zustimmung der zuständigen Behörde. Diese steht einer fristlosen Kündigung besonders skeptisch gegenüber.
4. Abfindungshöhe nach fristloser Kündigung
Auch für die Höhe der Abfindung bietet das Gesetz (fast) keine Anhaltspunkte. Grob kann man sich bei den Verhandlungen an folgender Faustformel orientieren:
Danach beträgt die Abfindung 0,5 Bruttomonatsgehälter für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Ihre Abfindung wird nach 20 Jahren Betriebszugehörigkeit also höher ausfallen als zu Beginn Ihres Arbeitsvertrags.
Dieser Richtwert ist aber keinesfalls verbindlich. Deutlich höhere, aber auch niedrigere Werte sind denkbar. Bestehen erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung, haben Sie gute Chancen auf eine höhere Abfindung. Ist die Kündigung aber eindeutig wirksam, können Sie auch leer ausgehen.
Die Abfindung für Geschäftsführer hängt übrigens in der Regel davon ab, wie lange der Vertrag des Geschäftsführers noch laufen würde.
5. Muss die Abfindung versteuert werden?
Ja, eine Abfindung müssen Sie wie Ihr Gehalt als Arbeitseinkommen versteuern. Für den Arbeitnehmer bedeutet dies in der Regel eine höhere Steuerbelastung als sonst, da die einmalige Abfindungszahlung das Gesamteinkommen deutlich in die Höhe treibt. Dadurch ergibt sich ein höherer Steuersatz als in den Vorjahren.
6. Abfindung nach fristloser Kündigung richtig durchsetzen
7. Fazit
- Arbeitnehmer haben grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Abfindung bei fristloser Kündigung.
- Da eine Abfindungsvereinbarung für den Arbeitgeber viele Vorteile bietet, ist eine Abfindung nach fristloser Kündigung durch Abwicklungsvertrag oder Vergleich durchaus denkbar.
- Sobald es Zweifel an der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung gibt, bestehen gute Chancen auf die Zahlung einer Abfindung.
- Auch die Höhe der Abfindung wird verhandelt. Je größer die Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung, desto höher fällt die Abfindung aus.
- Die Abfindung müssen Sie versteuern. Allerdings senkt die sog. Fünftelregelung die Steuerlast etwas.
- Nach Zugang der Kündigung müssen Sie sich innerhalb drei Wochen vor Gericht gegen die fristlose Kündigung wehren. Die Kündigungsschutzklage ist meist das Druckmittel, dass Ihren Arbeitgeber zu einer Abfindungszahlung bewegt.